OGH 10Os85/70 (RS0089349)

OGH10Os85/703.7.1970

Rechtssatz

Wenn - objektiv gesehen - auch weniger gefährliche, dem Angegriffenen zur Verfügung stehende Abwehrmaßnahmen genügt hätten, um den Angriff abzuwehren, und wenn der Angegriffene - subjektiv - ungeachtet seiner bedrängten Lage imstande war, eine für den Angreifer weniger gefährliche Art der Verteidigung zu wählen, dann trifft ihn, wenn er nur aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken seine Gefahrenlage überschätzte oder, ohne die schon nach der Größe des Verletzungsrisikos erkennbare Inadäquanz seines Gegenangriffes zu bedenken, mehr tat, als zu seiner Verteidigung nötig war, der Vorwurf der Fahrlässigkeit im Sinne des § 335 StG (vgl nunmehr §§ 6, 80, 88 StGB).

Normen

StGB §3 A2
StGB §6 G
StGB §80 C
StGB §88 C

10 Os 85/70OGH03.07.1970

Veröff: EvBl 1971/81 S 128

1 Ob 3/73OGH19.01.1972

Veröff: EvBl 1972/219 S 433

10 Os 120/73OGH09.10.1973

Vgl auch; Beisatz: Eine Überschreitung der Grenzen der Notwehr ist immer rechtswidrig. Erfolgt sie aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken, tritt Verantwortlichkeit nach den §§ 431, 335 StG (nunmehr §§ 6, 80, 88 StGB) ein, wenn der Täter trotz seiner Gemütsbewegung imstande gewesen wäre, einzusehen, daß er zu weit gehe. (T1)

9 Os 134/73OGH13.02.1974

Ähnlich

10 Os 80/78OGH14.06.1978

Beisatz: Hier: Weniger gefährliche Stichführung gegen einen unbewaffneten Angreifer. (T2) Veröff: EvBl 1979/16 S 49

10 Os 70/79OGH19.09.1979
4 Ob 116/19sOGH26.11.2019

Vgl; Beisatz: Hier: Abwehr eines Zeltfestbesuchers, der sich mit erhobenen Fäusten und "tänzelnden Boxbewegungen" einem Ordner gegenüber stellte, durch Versetzen eines Schlages ins Gesicht mit einer Stablampe aus Metall; Notwehrüberschreitung bejaht. (T3)<br/>Veröff: SZ 2019/106

Dokumentnummer

JJR_19700703_OGH0002_0100OS00085_7000000_002

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