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BGBl I 100/2023

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

100. Bundesgesetz: Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2023
(NR: GP XXVII RV 2098 AB 2158 S. 226 . BR: AB 11292 S. 957 .)

100. Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch im Bereich der Korruptionsbekämpfung, das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992 und die Europawahlordnung geändert werden (Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2023 - KorrStrÄG 2023)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches

Artikel 2 Inkrafttreten

Artikel 3 Änderung des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes

Artikel 4 Änderung der Nationalrats-Wahlordnung 1992

Artikel 5 Änderung der Europawahlordnung

Artikel 1

Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 223/2022, wird wie folgt geändert:

1. In § 74 Abs. 1 Z 4a lit. b wird der Verweis „168d“ durch den Verweis „168g“ ersetzt.

2. In § 74 Abs. 1 wird nach Z 4c folgende Z 4d eingefügt:

  1. „4d. Kandidat für ein Amt: jeder, der sich in einem Wahlkampf, einem Bewerbungs- oder Auswahlverfahren zu einer Funktion als Amtsträger (Z 4a) oder in einer vergleichbaren Position zur Erlangung einer von ihm angestrebten Funktion als oberstes Vollzugsorgan des Bundes oder eines Bundeslandes oder als Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung befindet, sofern die Erlangung der Funktion nicht gänzlich unwahrscheinlich ist;“

3. Die Überschrift des achtzehnten Abschnitts lautet:

„Strafbare Handlungen bei Wahlen und Volksabstimmungen; Mandatskauf“

4. § 261 StGB lautet:

§ 261. (1) Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, für die Wahl des Bundespräsidenten, für die Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern und zu den satzungsgebenden Organen (Vertretungskörpern) der gesetzlichen beruflichen Vertretungen, für die allgemeinen und unmittelbaren Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde, für die Wahl zum Europäischen Parlament sowie für Volksabstimmungen.

(2) Einer Wahl oder Volksabstimmung steht eine Volksbefragung, das Unterschreiben eines Wahlvorschlags oder einer Unterstützungserklärung für einen Wahlvorschlag, das Verfahren für ein Volksbegehren und die Abgabe einer Unterstützungsbekundung für eine Europäische Bürgerinitiative gleich.“

5. Nach § 265 wird folgender § 265a samt Überschrift eingefügt:

„Mandatskauf

§ 265a. (1) Wer im Zusammenhang mit einer Wahl zum Nationalrat, zu einem Landtag oder zum Europäischen Parlament als Verantwortlicher einer wahlwerbenden Partei für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats an einen Bewerber für sich oder einen Dritten ein Entgelt fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ist, sofern es tatsächlich zur Angelobung des Bewerbers oder zur Einnahme des Sitzes durch diesen gekommen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer im Zusammenhang mit einer Wahl nach Abs. 1 einem Verantwortlichen einer wahlwerbenden Partei für die Einflussnahme auf die Zuteilung eines Mandats an einen Bewerber ein Entgelt für ihn oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, sofern es tatsächlich zur Angelobung des Bewerbers oder zur Einnahme des Sitzes durch diesen gekommen ist.

(3) Wer die Tat in Bezug auf einen 50 000 Euro übersteigenden Wert des Entgelts begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(4) Zusagen, Vereinbarungen oder Leistungen betreffend zulässige Parteispenden nach den bundes- und landesgesetzlich normierten Spendenregelungen, die Übernahme von Wahlwerbungsaufwendungen für die eigene Person, Parteiabgaben, aussichtsreichere Listenplätze für unterlegene Bewerber und vergleichbare Zusagen, Vereinbarungen oder Leistungen sind nicht rechtswidrig.

(5) Der Täter ist nach den vorstehenden Absätzen nur dann zu bestrafen, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.“

6. In § 304 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer als Kandidat für ein Amt für den Fall, dass er künftig Amtsträger sein würde, einen Vorteil für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts in dieser Eigenschaft für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt. Der Täter, der einen Vorteil fordert oder sich einen solchen versprechen lässt, ist nach diesem Absatz nur dann zu bestrafen, wenn er die Stellung als Amtsträger tatsächlich erlangt hat.“

7. In § 304 Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.“

8. In § 305 Abs. 3 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

9. In § 305 Abs. 4 Z 2 wird die Wendung „oder Schiedsrichter“ durch die Wendung „ , Schiedsrichter oder eine Person aus dem Familienkreis (§ 166 Abs. 1) des Amtsträgers oder Schiedsrichters“ ersetzt.

10. In § 306 Abs. 1 wird nach der Wendung „in seiner Tätigkeit als Amtsträger“ die Wendung „oder Schiedsrichter“ eingefügt.

11. In § 306 Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

12. In § 307 wird nach Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer einem Kandidaten für ein Amt für den Fall, dass dieser Amtsträger würde, für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts in dieser Eigenschaft einen Vorteil für ihn oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt. Der Täter, der einen Vorteil anbietet oder verspricht, ist nach diesem Absatz nur dann zu bestrafen, wenn der Kandidat für ein Amt die Stellung als Amtsträger tatsächlich erlangt hat.“

13. In § 307 Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.“

14. In § 307a Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

15. In § 307b Abs. 1 wird nach der Wendung „in seiner Tätigkeit als Amtsträger“ die Wendung „oder Schiedsrichter“ eingefügt.

16. In § 307b Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Übersteigt der Wert des Vorteils 300 000 Euro, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

17. In § 308 Abs. 4 wird nach der Wendung „für den Amtsträger“ die Wendung „oder Schiedsrichter“ eingefügt.

Artikel 2

Inkrafttreten

(1) Art. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2023 tritt mit 1. September 2023 in Kraft.

(2) Die Bundesministerin bzw. der Bundesminister für Justiz hat die Anwendung der §§ 265a, 304 Abs. 1a und 307 Abs. 1a StGB durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte für den Zeitraum bis 31. Dezember 2027 zu evaluieren und dem Nationalrat spätestens bis zum 30. Juni 2028 einen Bericht über das Ergebnis der Evaluierung vorzulegen. Im Bericht ist auch die Anzahl der in Zusammenhang mit den genannten Bestimmungen geführten Verfahren (Anzeigen, anonyme Hinweise, Zurücklegungen von Anzeigen, Ermittlungsverfahren, Einstellungen von Ermittlungsverfahren, Anklagen, Urteile, Rechtsmittelentscheidungen) anzuführen.

Artikel 3

Änderung des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes

Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl. I Nr. 151/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 4 Abs. 4 wird die Zahl „10.000“ durch die Zahl „30 000“ und die Zahl „500“ durch die Zahl „1 500“ ersetzt.

2. In § 28 wird folgender Absatz angefügt:

„(4) § 4 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2023 tritt mit 1. September 2023 in Kraft.“

Artikel 4

Änderung der Nationalrats-Wahlordnung 1992

Das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 - NRWO), BGBl. Nr. 471/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 7/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 41 Abs. 1 zweiter Satz lautet:

„Nicht wählbar ist, wer durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener und von Amts wegen zu verfolgender gerichtlich strafbarer Handlungen rechtskräftig

  1. 1. zu einer nicht bedingt nachgesehenen sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde,
  2. 2. zu einer bedingt nachgesehenen ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder
  3. 3. zu einer sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sofern diese Verurteilung auch oder ausschließlich wegen §§ 304 bis 307b StGB erfolgt ist.“

2. § 129 wird folgender Abs. 16 angefügt:

„(16) § 41 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2023 tritt mit 1. September 2023 in Kraft.“

Artikel 5

Änderung der Europawahlordnung

Das Bundesgesetz über die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Europawahlordnung - EuWO), BGBl. Nr. 117/1996 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 7/2023, wird wie folgt geändert:

1. § 29 Abs. 1 lautet:

§ 29. (1) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben. Nicht wählbar ist, wer durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener und von Amts wegen zu verfolgender gerichtlich strafbarer Handlungen rechtskräftig

  1. 1. zu einer nicht bedingt nachgesehenen sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde,
  2. 2. zu einer bedingt nachgesehenen ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder
  3. 3. zu einer sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sofern diese Verurteilung auch oder ausschließlich wegen §§ 304 bis 307b StGB erfolgt ist.

    Der Ausschluss von der Wählbarkeit endet nach sechs Monaten. Die Frist beginnt, sobald die Strafe vollstreckt ist und mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen vollzogen oder weggefallen sind; ist die Strafe nur durch Anrechnung einer Vorhaft verbüßt worden oder zur Gänze bedingt nachgesehen worden, so beginnt die Frist mit Rechtskraft des Urteils.“

2. § 91 wird folgender Abs. 19 angefügt:

„(19) § 29 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2023 tritt am 1. September 2023 in Kraft.“

Van der Bellen

Nehammer

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