132. Verordnung der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus über die Gefahrenzonenpläne nach dem Forstgesetz 1975 (ForstG-Gefahrenzonenplanverordnung - ForstG-GZPV)
Auf Grund der §§ 8 und 11 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2016 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/2020, wird verordnet:
Ziel
§ 1. Ziel dieser Verordnung ist, Inhalt, Form und Ausgestaltung der Gefahrenzonenpläne festzulegen.
Zweck der Gefahrenzonenpläne
§ 2. (1) Die Gefahrenzonenpläne sind Fachgutachten, die insbesondere eine Grundlage für
- 1. die Projektierung und Durchführung von Maßnahmen durch die Dienststellen des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung (kurz Dienststellen) sowie für die Reihung dieser Maßnahmen entsprechend ihrer Dringlichkeit und
- 2. die Tätigkeit der Angehörigen der Dienststellen als Sachverständige
sind.
(2) Zusätzlich zu Abs. 1 sind die Gefahrenzonenpläne so zu erstellen, dass sie als Grundlage für Planungen bezüglich Wildbach- und Lawinengefahren geeignet sind. Dies sind insbesondere Planungen auf den Gebieten der Raumplanung, des Bauwesens und des Katastrophenschutzes im Zusammenhang mit Evakuierungen, Verkehrsbeschränkungen oder sonstigen, der Sicherung vor Wildbach- und Lawinengefahren dienenden Maßnahmen.
Gegenstand der Gefahrenzonenpläne
§ 3. (1) Im Gefahrenzonenplan sind darzustellen:
- 1. Einzugsgebiete von Wildbächen und Lawinen,
- 2. durch Wildbäche oder Lawinen gefährdete Bereiche (Gefahrenzonen) und
- 3. Bereiche (Vorbehaltsbereiche),
- a) deren Freihaltung für spätere Schutzmaßnahmen, für die gewässereigene Ablagerung oder sonstige Ablagerung von Sedimenten von den Dienststellen für erforderlich erachtet wird oder
- b) die wegen ihrer Schutzfunktion hinsichtlich Wildbach- und Lawinengefahren besonders zu bewirtschaften sind.
(2) Zusätzlich zu den Darstellungen nach Abs. 1 sind folgende Hinweise zulässig:
- 1. auf andere als durch Wildbäche und Lawinen verursachte Naturgefahren, wie Steinschlag, Rutschung und Erosion (Hinweisbereiche andere Naturgefahren),
- 2. auf die Beschaffenheit von Gelände und von Boden, soweit durch diese Beschaffenheit eine Schutzfunktion beeinflusst wird (Hinweisbereiche Gelände und Boden) und
- 3. auf Flächen, die durch Hochwässer, Muren oder Lawinen niedriger Wahrscheinlichkeit mit einem voraussichtlichen Wiederkehrintervall von 300 Jahren gefährdet sind oder auf Szenarien für die Restgefährdung (Hinweisbereiche Gefährdung niedriger Wahrscheinlichkeit).
Räumlicher Planungsbereich
§ 4. Ein Gefahrenzonenplan hat sich in der Regel auf das Gebiet einer Gemeinde (Plangebiet) und auf die das Plangebiet beeinflussenden Einzugsgebiete gemäß § 99 Abs. 3 und 4 des Forstgesetzes 1975 zu erstrecken. Erfordert es der Zweck nach § 2, kann das Plangebiet auch auf Teile eines Gemeindegebietes beschränkt werden. Der Gefahrenzonenplan hat erforderlichenfalls auch Grundstücke, die nicht Wald im Sinne des § 1a des Forstgesetzes 1975 sind, zu umfassen.
Plangrundlagen
§ 5. (1) Die Dienststellen haben in den Einzugsgebieten die Plangrundlagen zu erheben und im Wildbach- und Lawinenkataster aufzuzeichnen. Diese Erhebung hat insbesondere zu umfassen:
- 1. die Erkundung und Analyse der Gefahrenursachen unter Berücksichtigung der geologischen, hydro-geologischen, hydrologischen, hydraulischen, morphologischen, meteorologischen, klimatischen und biologischen Verhältnisse sowie der landeskulturellen und der übrigen anthropogenen Einflüsse,
- 2. die Sammlung der mit angemessenem Aufwand erreichbaren Informationen über Häufigkeit und Ausmaß bisheriger auf Wildbäche oder Lawinen zurückzuführender Schadensereignisse und
- 3. die Lage und den Zustand von Schutzmaßnahmen der Dienststellen.
(2) Bei den Erhebungen nach Abs. 1 können auch andere Verwaltungsstellen, insbesondere die Bundeswasserbauverwaltung, der Forstdienst beim Amt der Landesregierung oder der Bezirksverwaltungsbehörde sowie der hydrographische Dienst einbezogen werden, soweit Informationen für Planungen nach dieser Verordnung von Bedeutung sind.
(3) Die Dienststellen haben die erhobenen Plangrundlagen zu bewerten; dies ist im textlichen Teil des Gefahrenzonenplans (§ 6 Abs. 4) zu begründen.
Bestandteile des Gefahrenzonenplans
§ 6. (1) Der Gefahrenzonenplan hat aus einem kartographischen und einem textlichen Teil zu bestehen.
(2) Der kartographische Teil hat zu umfassen:
- 1. eine Gefahrenkarte, die das Plangebiet, die Einzugsgebiete gemäß § 4 sowie besondere Gefahrenursachen aufzeigt, und
- 2. Gefahrenzonenkarten, die die für das Bemessungsereignis (§ 7) ermittelten Wirkungen im raumrelevanten Bereich der Einzugsgebiete innerhalb des Plangebietes sowie die Vorbehaltsbereiche und die Hinweisbereiche aufzeigen.
(3) Zusätzlich zu Abs. 2 können die Bereiche mit Gefährdungen niedriger Wahrscheinlichkeit durch Hochwässer oder Lawinen oder mit Restgefährdungen auf einer Karte dargestellt werden.
(4) Der textliche Teil hat zu enthalten:
- 1. die Beschreibung der Plangrundlagen,
- 2. die Beschreibung und Begründung der Bewertung,
- 3. die Beschreibung und Begründung der sich daraus ergebenden Darstellung der Gefahrenzonen und der Vorbehaltsbereiche und
- 4. Hinweise für Planungen im Sinne des § 2 Abs. 2.
(5) Die Gefahrenkarte ist auf einer geeigneten Karte im Maßstab 1 : 50 000, 1 : 25 000 oder 1 : 20 000 zu erstellen. Besondere Gefahrenursachen sind durch geeignete Signaturen auszuweisen.
(6) Der Gefahrenzonenkarte ist eine Karte mit der Darstellung der digitalen Katastralmappe zugrunde zu legen. Der Maßstab darf nicht kleiner als 1 : 5 000 sein.
(7) Die Karte mit der Darstellung von Bereichen mit Gefährdungen niedriger Wahrscheinlichkeit (Restgefährdung) ist auf einer geeigneten Kartengrundlage im Maßstab von 1 : 10 000 zu erstellen.
(8) Bei der Erstellung der Bestandteile des Gefahrenzonenplans und bei der Quantifizierung der Kriterien für die Abgrenzung der Gefahrenzonen ist auf den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und auf Erfahrungen entsprechend Bedacht zu nehmen.
Ausweisung der Gefahrenzonen und Vorbehaltsbereiche
§ 7. Auf der Gefahrenzonenkarte sind unter Zugrundelegung eines Ereignisses mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von zirka 150 Jahren (Bemessungsereignis), das die typischen Gefahrenprozesse zu umfassen hat, folgende Gefahrenzonen sowie Vorbehaltsbereiche gemäß den nachstehenden Kriterien auszuweisen:
- 1. rote Gefahrenzonen: Flächen, die durch Wildbäche oder Lawinen derart gefährdet sind, dass ihre ständige Benützung für Siedlungs- und Verkehrszwecke wegen der voraussichtlichen Schadenswirkungen des Bemessungsereignisses nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Rote Gefahrenzonen sind jedenfalls das Gewässerbett und die Uferböschungen,
- 2. gelbe Gefahrenzonen: alle übrigen durch Wildbäche oder Lawinen gefährdeten Flächen, deren ständige Benützung für Siedlungs- und Verkehrszwecke infolge dieser Gefährdung beeinträchtigt ist und
- 3. blaue Vorbehaltsbereiche: Bereiche, die
- a) für die Durchführung von technischen oder forstlich-biologischen Maßnahmen der Dienststellen sowie für die Aufrechterhaltung der Funktionen dieser Maßnahmen benötigt werden oder
- b) für die Ablagerung von Sedimenten benötigt werden oder
- c) zur Sicherung einer Schutzfunktion oder eines Verbauungserfolges einer besonderen Art der Bewirtschaftung bedürfen.
Ausweisung der Hinweisbereiche
§ 8. (1) Zusätzlich zu § 7 können im Gefahrenzonenplan die folgenden Hinweisbereiche gemäß den nachstehenden Kriterien ausgewiesen werden:
- 1. braune Hinweisbereiche: Bereiche, hinsichtlich derer anlässlich von Erhebungen festgestellt wurde, dass sie vermutlich anderen als von Wildbächen und Lawinen hervorgerufenen Naturgefahren, wie Steinschlag oder nicht im Zusammenhang mit Wildbächen oder Lawinen stehenden Rutschungen oder Erosionen, ausgesetzt sind,
- 2. violette Hinweisbereiche: Bereiche, deren Schutzfunktion von der Erhaltung der Beschaffenheit von Boden oder Gelände abhängt und
- 3. Flächen, die durch Hochwässer, Muren oder Lawinen niedriger Wahrscheinlichkeit mit einem Wiederkehrintervall von 300 Jahren gefährdet sind oder Restgefährdungsflächen (§ 3 Abs. 2 Z 3) auf einer gesonderten Karte in weißer Schraffur ohne sichtbare Begrenzungslinie.
(2) Bezüglich der Steinschlaggefahr können für Gebiete, für die Maßnahmen des forsttechnischen Dienstes zum Schutz vor Steinschlag vorgesehen sind, Bereiche hoher Intensität (braun-rot schraffierte Hinweisbereiche) sowie niedriger Intensität (braun-gelb schraffierte Hinweisbereiche) abgegrenzt werden.
Revision
§ 9. Treten Änderungen in den Grundlagen oder in deren Bewertung ein, so haben die Dienststellen den Gefahrenzonenplan diesen geänderten Verhältnissen anzupassen.
Inkrafttreten
§ 10. Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
Aufhebung von Rechtsvorschriften
§ 11. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juli 1976 über die Gefahrenzonenpläne, BGBl. Nr. 436/1976, außer Kraft.
Köstinger
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