104. Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Epidemiegesetzes 1950
Das Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 103/2020, wird wie folgt geändert:
1. Dem Titel wird folgender Klammerausdruck angefügt:
„(EpiG)“
2. In § 4 Abs. 1 erster Satz wird der Ausdruck „§ 1 Abs. 1 und 2 und § 2 Abs. 2 § 28c, sowie“ durch den Ausdruck „§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 2, § 28c und“ ersetzt.
3. In § 5 erhält Abs. 4 die Absatzbezeichnung „(5)“ und wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 eingefügt:
„(4) Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Kontaktpersonen im Rahmen des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG , ABl. L 293 vom 5.11.2013 S 1, sind alle natürlichen und juristischen Personen, die über sachdienliche Informationen zur Ermittlung von Kontaktpersonen in grenzüberschreitenden Fällen verfügen, wie Personenbeförderungsunternehmen oder Beherbergungsbetriebe, auf Verlangen dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Auskunftserteilung verpflichtet, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Informationen umfassen jedenfalls den Namen und - sofern bekannt - das Geburtsdatum, die Telefonnummer sowie die E-Mail-Adresse und können etwa Angaben zur Reiseroute, zu den Mitreisenden oder zu beherbergten Gästen umfassen. Die Daten sind von den Gesundheitsbehörden unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Kontaktpersonennachverfolgung nicht mehr erforderlich sind.“
4. § 5a wird folgender Abs. 5 angefügt:
„(5) Im Schulbereich können Screeningprogramme gemäß Abs. 1 durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister durchgeführt werden. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung kann Hochschulen oder hochschulische Forschungseinrichtungen mit der Durchführung der Laboruntersuchungen und Schulärzte mit der Durchführung der Untersuchungen an den Schulen beauftragen.“
5. In § 7 Abs. 1a dritter Satz wird nach der Wortfolge „Jede Anhaltung“ die Wortfolge „ , die länger als zehn Tage aufrecht ist,“ eingefügt.
6. § 15 Abs. 1 lautet:
„(1) Sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, sind Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen,
- 1. einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen,
- 2. an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen zu binden oder
- 3. auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen einzuschränken.
Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 3 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 3 genannten Maßnahmen nicht aus, sind Veranstaltungen zu untersagen.“
7. In § 15 Abs. 2 wird der Punkt am Ende der Z 4 durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 5 angefügt:
- „5. ein Präventionskonzept zur Minimierung des Infektions- sowie des Ausbreitungsrisikos. Ein Präventionskonzept ist eine programmhafte Darstellung von Regelungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer näher bezeichneten meldepflichtigen Erkrankung im Sinne dieses Bundesgesetzes.“
8. Dem § 15 wird folgender Abs. 5 angefügt:
„(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen - auch durch Überprüfung vor Ort - kontrollieren. Dazu sind die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und die von ihnen herangezogenen Sachverständigen berechtigt, Veranstaltungsorte zu betreten und zu besichtigen, sowie in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern. Der Veranstalter hat den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den von diesen herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Veranstaltungsortes zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.“
8a. Dem § 15 werden folgende Abs. 6 bis 8 angefügt:
„(6) Wird aufgrund des Abs. 1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine Veranstaltung nicht mehr bewilligt werden könnte, darf eine bereits erteilte Bewilligung für die Dauer der Geltung dieser Rechtslage nicht ausgeübt werden. Die Verordnung hat Übergangsbestimmungen für bereits bewilligte Veranstaltungen zu enthalten. Diese können bei Gefahr in Verzug entfallen. In dieser Verordnung kann abweichend vom ersten Satz angeordnet werden, dass bestehende Bewilligungen unter Einhaltung der Anordnungen dieser Verordnung, die im Zeitpunkt der Erteilung der Bewilligung nicht gegolten haben und hinreichend bestimmt sind, ausgeübt werden dürfen. In einem solchen Fall gelten die Bewilligungen für die Dauer der Geltung der neuen Rechtslage als entsprechend der Verordnung geändert. § 68 Abs. 3 AVG bleibt unberührt.
(7) Wird auf Grund des Abs. 1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine allfällige Bewilligung in einer für den Veranstalter günstigeren Weise erteilt werden könnte, so kann die Behörde einen neuen Antrag auf Bewilligung nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen.
(8) Die Bewilligung einer Veranstaltung kann ab dem Zeitpunkt der Kundmachung einer Verordnung gemäß Abs. 1 erteilt werden, wenn der Zeitpunkt der Abhaltung der Veranstaltung nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung liegt. Die Bewilligung wird in diesem Fall mit Inkraftreten der Verordnung wirksam.“
9. Nach § 25 wird folgender § 25a eingefügt:
„§ 25a. (1) In einer Verordnung nach § 25 kann geregelt werden, dass Personen, die aus Staaten oder Gebieten mit erhöhtem Vorkommen von COVID-19 (Risikostaaten bzw. -gebieten) einreisen oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor der Einreise dort aufhältig waren, verpflichtet sind, der für den Wohnsitz oder Aufenthalt örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde die in Abs. 2 genannten Daten bekannt zu geben.
(2) Daten gemäß Abs. 1 sind:
- 1. Vor- und Nachname,
- 2. Geburtsdatum,
- 3. Wohn- oder Aufenthaltsadresse,
- 4. Datum der Einreise,
- 5. etwaiges Datum der Ausreise,
- 6. Abreisestaat oder -gebiet.
(3) Die Bekanntgabe der in Abs. 2 genannten Daten gemäß Abs. 1 hat mittels elektronischen Formulars über www.oesterreich.gv.at zu erfolgen. Eine entsprechende Sendebestätigung ist bei Einreise mitzuführen und bei einer Kontrolle auf Verlangen vorzuweisen.
(4) Aus Gründen, die sich aus der besonderen Situation der betroffenen Person ergeben, kann der Verpflichtung gemäß Abs. 1 auch durch händisches Ausfüllen eines Formulars bei der Grenzkontrolle nachgekommen werden. Die für die Grenzübertrittsstelle örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde hat das ausgefüllte Formular unter Einhaltung geeigneter Datensicherheitsmaßnahmen gemäß Art. 32 DSGVO unverzüglich an die für den Wohnsitz oder Aufenthalt zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Bei elektronischer Übermittlung ist das Originalformular nach derselben zu vernichten.
(5) Die jeweils für den Wohnsitz oder Aufenthalt örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde ist berechtigt, die ihr gemäß Abs. 3 und 4 übermittelten personenbezogenen Daten für den Zeitraum von 28 Tagen ab dem Datum der Einreise gemäß Abs. 2 Z 4 zu speichern. Die Daten dienen ausschließlich der Information der Bezirksverwaltungsbehörde zur Erlangung von Kenntnis der in ihrem Gebiet aufhältigen Personen, um die in einer Verordnung nach § 25 vorgesehenen Maßnahmen überprüfen zu können, sowie dem Zweck der Kontaktpersonennachverfolgung (§ 5) im Zusammenhang mit SARS-CoV-2. Nach Ablauf dieser Frist hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Daten zu löschen.
(6) Datenschutzrechtlich Verantwortliche gemäß Art. 4 Z 7 DSGVO ist die jeweils zuständige Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde. Die Bundesrechenzentrum GmbH ist hinsichtlich der Übermittlung der gemäß Abs. 3 bekannt gegebenen Daten Auftragsverarbeiter gemäß Art. 4 Z 8 DSGVO. Die Verpflichtungen nach § 28 Abs. 3 DSGVO sind einzuhalten. Die bekannt gegebenen Daten sind durch die Bundesrechenzentrum GmbH unmittelbar nach Übermittlung an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu löschen. Geeignete Datensicherheitsmaßnahmen gemäß § 32 DSGVO sind vorzusehen.
(7) Art. 13 und 14, Art. 18 und Art. 21 DSGVO finden gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. e DSGVO keine Anwendung.“
10. Dem § 32 wird folgender Abs. 7 angefügt:
„(7) Auf Grund dieser Bestimmung erlassene Bescheide, denen unrichtige Angaben eines Antragstellers über anspruchsbegründende Tatsachen zugrunde liegen, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler im Sinne des § 68 Abs. 4 Z 4 AVG.“
11. Nach § 43 wird folgender § 43a samt Überschrift eingefügt:
„Zuständigkeiten betreffend COVID-19
§ 43a. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.
(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs. 1 festgelegt werden.
(3) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz betreffend COVID-19 können von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnungen gemäß Abs. 1 oder 2 erlassen wurden oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen nach Abs. 1 oder 2 festgelegt werden.
(4) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.
(5) Durch Verordnung gemäß Abs. 1 können Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 oder Teile davon aufgehoben werden. Durch Verordnung gemäß Abs. 2 können Verordnungen gemäß Abs. 3 oder Teile davon aufgehoben werden.
(6) Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 sind vor deren Inkrafttreten dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister mitzuteilen.“
12. Dem § 50 werden folgende Abs. 14 bis 16 angefügt:
„(14) Der Titel, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 4 und 5, § 5a Abs. 5, § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Z 4 und 5, § 15 Abs. 5 bis 8, § 32 Abs. 7, § 43a und § 51 samt Überschriften in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(15) § 7 Abs. 1a dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und ist auch auf alle bei Inkrafttreten aufrechten Anhaltungen nach § 7 Abs. 1a anzuwenden. § 7 Abs. 1a dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 tritt mit 31. Dezember 2021 außer Kraft. Mit 1. Jänner 2022 tritt § 7 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I 103/2020 wieder in Kraft.
(16) § 25a dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 tritt zu dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister durch Verordnung feststellt, dass die technischen Voraussetzungen für die Vollziehung gegeben sind, und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.“
13. § 51 samt Überschrift lautet:
„Vollziehung
§ 51. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist
- 1. hinsichtlich § 5a Abs. 5 erster Satz der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Einvernehmen mit dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister,
- 2. hinsichtlich § 5a Abs. 5 zweiter Satz der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung,
- 3. hinsichtlich § 7 Abs. 1a - soweit er das gerichtliche Verfahren betrifft - und § 36 Abs. 3 der Bundesminister für Justiz,
- 4. hinsichtlich § 28a der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres und
- 5. im Übrigen der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister
betraut.“
Artikel 2
Änderung des Tuberkulosegesetzes
Das Tuberkulosegesetz, BGBl. Nr. 127/1968, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 63/2016, wird wie folgt geändert:
1. In § 9 Abs. 1 Z 9 lit. a wird der Beistrich durch einen Strichpunkt ersetzt.
2. § 17 Abs. 4 lautet:
„(4) Die angehaltene Person kann jederzeit bei Gericht beantragen, die Unzulässigkeit der Anhaltung auszusprechen. Anträge auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer aufrechten Freiheitsbeschränkung können von einer angehaltenen Person, die nicht anwaltlich vertreten ist, nach vorheriger telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Gericht auch mit E-Mail an die vom Gericht bekanntgegebene E-Mail-Adresse eingebracht werden. Dem Antrag ist eine Abbildung eines Identitätsnachweises sowie des die Anhaltung aussprechenden Bescheides anzuschließen.“
3. Dem § 54 wird folgender Abs. 7 angefügt:
„(7) § 9 Abs. 1 Z 9 lit. a und § 17 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. § 17 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 ist auf nach dem Inkrafttreten bei Gericht eingebrachte Anträge anzuwenden.“
Artikel 3
Änderung des COVID-19-Maßnahmengesetzes
Das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 - COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 23/2020, wird wie folgt geändert:
1. Der Klammerausdruck im Titel lautet:
„(COVID-19-Maßnahmengesetz - COVID-19-MG)“
2. § 1 samt Überschrift lautet:
„Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.
(3) Bestimmte Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bestimmte öffentliche und bestimmte private Orte mit Ausnahme des privaten Wohnbereichs.
(4) Öffentliche Orte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche, die von einem nicht von vornherein bestimmten Personenkreis betreten oder befahren werden können.
(5) Als Auflagen nach diesem Bundesgesetz kommen insbesondere in Betracht:
- 1. Abstandsregeln,
- 2. die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,
- 3. sonstige Schutzmaßnahmen wie organisatorische oder räumliche Maßnahmen und
- 4. Präventionskonzepte, das sind programmhafte Darstellungen von - dem jeweiligen Angebot angepassten - Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
(6) Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz sind insbesondere bestimmte Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten und Verkehrsmitteln.
(7) Die Bewertung der epidemiologischen Situation hat insbesondere anhand folgender Kriterien zu erfolgen:
- 1. Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,
- 2. Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle,
- 3. Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen,
- 4. durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate und
- 5. regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme.
(8) In einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung können typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen werden und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden („Ampelsystem“).“
3. § 2 samt Überschrift lautet:
„Corona-Kommission
§ 2. (1) Zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß § 1 Abs. 7 ist beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein Beirat (Corona-Kommission) einzurichten.
(2) Die Empfehlungen der Corona-Kommission sind auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen. Darüber hinaus sollen auch die wesentlichen Begründungen dafür veröffentlicht werden.“
4. § 2a samt Überschrift entfällt.
5. § 3 samt Überschrift lautet:
„Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln
§ 3. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung
- 1. das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,
- 2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß § 2 Abs. 3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und
- 3. das Benutzen von Verkehrsmitteln oder nur bestimmten Verkehrsmitteln
geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.“
6. Die bisherigen §§ 4 und 5 erhalten die Paragraphenbezeichnungen §§ 12 und 13.
7. Nach § 3 werden folgende §§ 4 bis 11 samt Überschriften eingefügt:
„Betreten und Befahren von bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit
§ 4. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten und das Befahren von
- 1. bestimmten Orten oder
- 2. öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit
geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren bestimmter Orte gemäß Abs. 1 Z 1, nicht aber öffentlicher Orte in ihrer Gesamtheit gemäß Abs. 1 Z 2 untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.
Ausgangsregelung
§ 5. (1) Sofern es zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unerlässlich ist, um einen drohenden Zusammenbruch der medizinischen Versorgung oder ähnlich gelagerte Notsituationen zu verhindern, und Maßnahmen gemäß den §§ 3 und 4 nicht ausreichen, kann durch Verordnung angeordnet werden, dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist.
(2) Zwecke gemäß Abs. 1, zu denen ein Verlassen des privaten Wohnbereichs jedenfalls zulässig ist, sind:
- 1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
- 2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,
- 3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens,
- 4. berufliche Zwecke, sofern dies erforderlich ist, und
- 5. Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.
Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 6. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Ausübung ihrer beschriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen, erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln, zu unterstützen.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen mitzuwirken durch
- 1. Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
- 2. Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens und
- 3. die Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch Organstrafverfügungen (§ 50 VStG).
(3) Sofern nach der fachlichen Beurteilung der jeweiligen Gesundheitsbehörde im Rahmen der nach Abs. 1 vorgesehenen Mitwirkung für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach der Art der übertragbaren Krankheit und deren Übertragungsmöglichkeiten eine Gefährdung verbunden ist, der nur durch besondere Schutzmaßnahmen begegnet werden kann, sind die Gesundheitsbehörden verpflichtet, adäquate Schutzmaßnahmen zu treffen.
Zuständigkeiten
§ 7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.
(2) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz können vom Landeshauptmann erlassen werden, wenn keine Verordnung gemäß Abs. 1 erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung gemäß Abs. 1 festgelegt werden. Verordnungen gemäß § 5 bedürfen der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers.
(3) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz können von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnungen gemäß Abs. 1 oder 2 erlassen wurden oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen nach Abs. 1 oder 2 festgelegt werden. Verordnungen gemäß § 5 bedürfen der Zustimmung des Landeshauptmanns.
(4) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.
(5) Durch Verordnung gemäß Abs. 1 können Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 oder Teile davon aufgehoben werden. Durch Verordnung gemäß Abs. 2 können Verordnungen gemäß Abs. 3 oder Teile davon aufgehoben werden.
(6) Verordnungen gemäß Abs. 2 und 3 sind vor deren Inkrafttreten dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister mitzuteilen.
Strafbestimmungen
§ 8. (1) Wer
- 1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel benutzt, deren/dessen Betreten, Befahren oder Benutzen gemäß § 3 untersagt ist, oder
- 2. einen Ort betritt oder befährt, dessen Betreten oder Befahren gemäß § 4 untersagt ist,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
(2) Wer
- 1. eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt oder ein Verkehrsmittel entgegen den in einer Verordnung gemäß § 3 festgelegten Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen benutzt oder
- 2. die in einer Verordnung gemäß § 4 genannten Orte entgegen den dort festgelegten Zeiten, Voraussetzungen oder an ihn gerichteten Auflagen betritt oder befährt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.
(3) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 1 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort, deren/dessen Betreten oder Befahren gemäß §§ 3 und 4 untersagt ist, nicht betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
(4) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 2 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort nicht entgegen den in einer Verordnung gemäß §§ 3 und 4 festgelegten Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
(5) Wer einer Verordnung gemäß § 5 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
(6) Wer entgegen § 9 den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde oder den von ihnen herangezogenen Sachverständigen das Betreten oder die Besichtigung, die Auskunftserteilung oder die Vorlage von Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, verwehrt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
Kontrolle
§ 9. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen - auch durch Überprüfung vor Ort - kontrollieren. Dazu sind die Organe der Bezirksverwaltungsbehörde und die von ihnen herangezogenen Sachverständigen berechtigt, Betriebsstätten, Arbeitsorte, Verkehrsmittel und bestimmte Orte zu betreten und zu besichtigen, sowie in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern. Der jeweilige Inhaber bzw. Verpflichtete hat den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde und den von diesen herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung zu ermöglichen, diesen die notwendigen Auskünfte zu erteilen und erforderliche Unterlagen vorzulegen.
Anhörung der Corona-Kommission
§ 10. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat - außer bei Gefahr in Verzug - vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.
Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates
§ 11. (1) Folgende Verordnungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bedürfen des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates:
- 1. Verordnungen gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird,
- 2. Verordnungen gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten oder Befahren untersagt wird, und
- 3. Verordnungen gemäß § 5.
(2) Bei Gefahr in Verzug ist bei Verordnungen gemäß Abs. 1 binnen vier Tagen nach Erlassung das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herzustellen.
(3) In einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz und § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. In einer Verordnung gemäß § 5 ist vorzusehen, dass diese spätestens zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt.
(4) Verordnungen der Bundesregierung gemäß § 12 Abs. 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates.“
8. Im nunmehrigen § 12 Abs. 1 wird die Wortfolge „31. Dezember 2020“ durch die Wortfolge „30. Juni 2021“ ersetzt.
9. Dem nunmehrigen § 12 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Sofern dies aufgrund der epidemiologischen Situation unbedingt erforderlich ist, kann durch Verordnung der Bundesregierung ein anderer Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestimmt werden, wobei dieser nicht nach dem 31. Dezember 2021 liegen darf.“
10. Im nunmehrigen § 12 Abs. 2 wird die Wortfolge „Hat der Bundesminister gemäß § 1 eine Verordnung erlassen“ durch die Wortfolge „Wurde eine Verordnung gemäß § 3 erlassen“ ersetzt.
11. Dem § 12 wird folgender Abs. 6 angefügt:
„(6) Der Titel, die §§ 1 bis 11 samt Überschriften sowie die §§ 12 und 13 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 104/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft; gleichzeitig tritt § 2a samt Überschrift außer Kraft.“
Van der Bellen
Kurz
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