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BGBl II 191/2008

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

191. Verordnung: Gewebeentnahmeeinrichtungsverordnung - GEEVO
[CELEX-Nr.: 32006L0017]

191. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zur Festlegung von Standards für die Gewinnung von zur Verwendung beim Menschen bestimmter menschlicher Zellen und Geweben (Gewebeentnahmeeinrichtungsverordnung - GEEVO)

Auf Grund des § 7 Gewebesicherheitsgesetz, BGBl. I Nr. 49/2008, wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung findet Anwendung auf den Betrieb von Entnahmeeinrichtungen gemäß § 2 Z 14 des Gewebesicherheitsgesetzes (GSG), BGBl. I Nr. 49/2008.

(2) Die Begriffsbestimmungen des § 2 Gewebesicherheitsgesetzes (GSG), BGBl. I Nr. 49/2008, finden auch für diese Verordnung Anwendung.

Personal

§ 2. (1) Die Entnahmeeinrichtungen haben dafür zu sorgen, dass jede Gewinnung von Zellen oder Geweben durch Personen erfolgt, die ein Schulungsprogramm erfolgreich absolviert haben, das von einem klinischen Team, welches im Hinblick auf die zu entnehmende Gewebeart über ausreichend klinische Erfahrung verfügt, entsprechend dem Stand der Wissenschaften und Technik spezifiziert wurde.

(2) Die Entnahmeeinrichtungen haben über alle Schulungsmaßnahmen Aufzeichnungen zu führen.

Auswahlkriterien für Spender

§ 3. (1) Die Auswahlkriterien für Spender haben auf einer Risikoanalyse im Zusammenhang mit der Verwendung der spezifischen Zell- oder Gewebeart zu beruhen. Die Anzeichen für solche Risiken sind durch körperliche Untersuchung, Anamnese, Laboruntersuchungen, gegebenenfalls postmortale Untersuchung und sonstige geeignete Untersuchungen zu ermitteln.

(2) Sofern die Spende nicht aufgrund einer dokumentierten Risikobewertung, die von einer verantwortlichen Person gemäß § 9 GSG durchgeführt wird, gerechtfertigt ist, sind Spender beim Vorliegen auch nur eines der nachfolgenden Gründe von der Spende auszuschließen:

1. Erkrankung unbekannter Ätiologie in der Vorgeschichte,

  1. 2. Vorliegen oder Vorgeschichte einer malignen Erkrankung, ausgenommen es besteht nach dem Stand der Wissenschaft kein Risiko für den Empfänger,
  2. 3. Risiko der Krankheitsübertragung durch Prionen; dieses Risiko besteht bei
    1. a) Personen, bei denen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit diagnostiziert wurde oder die eine nicht iatrogene Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in der familiären Vorgeschichte aufweisen,
    2. b) Personen mit anamnestisch erhobener rasch fortschreitender Demenz oder einer degenerativen neurologische Erkrankung, einschließlich solcher unbekannter Ursache,
    3. c) Empfänger von Hormonen, die aus der menschlichen Hypophyse gewonnen wurden (wie Wachstumshormone), Empfänger von Transplantaten von Cornea, Sklera oder Dura mater sowie Personen, die nicht dokumentierten neurologischen Operationen unterzogen wurden (bei denen möglicherweise Dura mater verwendet wurde),
  3. 4. Systemische Infektion, die zum Zeitpunkt der Spende nicht unter Kontrolle ist, einschließlich bakterieller Infektionen, systemischer viraler, Pilz- oder parasitärer Infektionen, oder signifikante lokale Infektion in den zu spendenden Geweben bzw. Zellen; Spender mit bakterieller Sepsis können für eine Corneaspende beurteilt und in Betracht gezogen werden, wenn die Corneas in einem Medium aufbewahrt werden, das den Nachweis einer etwaigen bakteriellen Kontamination des Gewebes ermöglicht,
  4. 5. anamnestisch erhobene, klinisch oder durch bestätigte Labortests nachgewiesene HIV-Infektion, Übertragungsrisiko akuter oder chronischer Hepatitis B, Hepatitis C und HTLV I/II oder Anzeichen von Risikofaktoren für diese Infektionen,
  5. 6. anamnestisch erhobene chronische, systemische Autoimmunerkrankung, die schädigende Auswirkung auf das zu entnehmende Gewebe oder den Empfänger haben könnte,
  6. 7. Anzeichen für ungültige Testergebnisse der Spenderblutproben wegen
    1. a) Hämodilution, wenn keine Prätransfusionsprobe verfügbar ist, oder
    2. b) Behandlung mit immunsuppressiven Wirkstoffen,
  7. 8. Anzeichen sonstiger Risikofaktoren für Infektionskrankheiten auf der Grundlage einer Risikobewertung, unter Berücksichtigung der Reisen und der Expositionsgeschichte des Spenders sowie der lokalen Prävalenz von Infektionskrankheiten,
  8. 9. physische Anzeichen am Körper des Spenders, die ein Infektionskrankheitsrisiko nahe legen,
  9. 10. Aufnahme oder Exposition gegenüber einer Substanz, die auf den Empfänger in einer gesundheitsschädlichen Dosis übertragen werden könnte,
  10. 11. Impfung mit Lebendimpfstoff innerhalb der letzten vier Wochen, bei der ein Übertragungsrisiko für möglich gehalten wird, und
  11. 12. Empfänger eines Xenotransplantats.

(3) Verstorbene Spender sind bei unbekannter Todesursache von der Spende auszuschließen, sofern die Todesursache nicht nach der Entnahme durch Obduktion festgestellt wird.

(4) Allogene lebende Spender sind anhand ihres Gesundheitszustands und ihrer Anamnese auszuwählen, die gemäß Abs. 2 mittels eines Fragebogens und einer persönlichen Befragung durch einen Arzt erhoben werden. Diese Prüfung muss relevante Faktoren enthalten, die zur Identifizierung und zum Ausschluss von Personen beitragen können, deren Spende mit einem Gesundheitsrisiko für sie selbst oder für andere, z. B. durch das Risiko einer Krankheitsübertragung, verbunden sein könnte. Bei keiner Spende darf das Entnahmeverfahren ein ernstes Risiko für das Leben oder die Gesundheit des Spenders mit sich bringen noch darf das Entnahmeverfahren die medizinische Versorgung des Spenders beeinflussen oder beeinträchtigen. Bei der Spende von Nabelschnurblut oder Amnionmembran gilt dies sowohl für die Mutter als auch für das Kind.

(5) Die Auswahlkriterien für allogene lebende Spender sind von der Gewebebank oder im Falle der Direktverwendung vom Anwender festzulegen und zu dokumentieren, und zwar auf der Grundlage der spezifischen zu spendenden Zellen oder Gewebe, zusammen mit dem körperlichen Zustand des Spenders, der Anamnese und den Ergebnissen der klinischen Untersuchungen und Labortests zur Ermittlung des Gesundheitszustands des Spenders. Je nach Art der zu spendenden Gewebe oder Zellen kann die Ergänzung um weitere spezifische Ausschlusskriterien notwendig sein.

(6) Bei autologen lebenden Spendern sind die gleichen Auswahlkriterien und Mindestanforderungen an Laboruntersuchungen zu erfüllen wie bei einem allogenen lebenden Spender. Bei positiven Testergebnissen können die Gewebe bzw. Zellen oder daraus gewonnene Produkte gelagert, verarbeitet und reimplantiert werden, sofern geeignete isolierte Lagereinrichtungen vorhanden sind, um jegliches Risiko einer Kreuzkontamination mit anderen Transplantaten und/oder einer Kontamination mit Adventiv-Agenzien und/oder einer Verwechslung zu vermeiden.

Laboruntersuchungen

§ 4. (1) Jeder lebende Spender von Zellen oder Geweben muss folgenden Laboruntersuchungen unterzogen werden:

  1. 1. AIDS/HIV-Infektion: HIV-Antikörperbestimmung gemäß der Verordnung über Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung in der HIV-Diagnostik und die bei der Vornahme von HIV-Tests einzuhaltende Vorgangsweise, BGBl. Nr. 772/1994, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 221/2004,
  2. 2. Hepatitis B: Anti HBc und HBsAg,
  3. 3. Hepatitis C: Anti-HCV-Ab und
  4. 4. Syphilis: Test gemäß Abs. 5.

Für autologe Spender gelten dieselben Testanforderungen.

(2) Bei verstorbenen Spendern ist eine Bestimmung auf HIV-, HBV- und HCV-Genome mittels NAT sowie ein Syphilistest gemäß Abs. 5 durchzuführen.

(3) HTLV-I-Antikörpertests sind bei Spendern vorzunehmen, die in Gebieten mit hoher Inzidenz leben oder aus solchen stammen oder deren Sexualpartner oder Eltern aus solchen Gebieten stammen.

(4) Ist der Anti-HBc-Test positiv und der HBsAg negativ, sind weitere Untersuchungen zur Risikobewertung erforderlich, um die klinische Verwendbarkeit festzustellen.

(5) Zum Ausschluss einer Infektion mit Treponema Pallidum ist entweder eine Bestimmung auf Treponema Pallidum-Genome mittels NAT oder ein validierter Testalgorithmus einzusetzen. Ein spezifischer oder nichtspezifischer nichtreaktiver Test kann die Freigabe der Gewebe bzw. Zellen ermöglichen. Wird ein nichtspezifischer Test durchgeführt, steht ein reaktives Testergebnis der Entnahme oder Freigabe nicht entgegen, sofern ein spezifischer Test zur Bestätigung von Treponema nichtreaktiv ist. Ein Spender, dessen Probe auf einen spezifischen Treponema-Test reagiert, ist einer Risikobewertung zu unterziehen, um die klinische Verwendbarkeit festzustellen.

(6) Je nach der Vorgeschichte des Spenders und den Merkmalen der gespendeten Gewebe bzw. Zellen können auf Grundlage einer Risikobewertung zusätzliche Laboruntersuchungen erforderlich sein.

(7) Die Laboruntersuchungen sind von einem Labor durchzuführen, sofern vorhanden unter Verwendung von Testkits mit CE-Kennzeichnung. Die Art des zu verwendenden Tests ist, sofern dies nach dem Stand der Wissenschaften und Technik im Hinblick auf den Verwendungszweck angezeigt ist, zu validieren.

(8) Die Laboruntersuchungen sind grundsätzlich am Serum oder Plasma des Spenders vorzunehmen; an anderen Flüssigkeiten oder Geweben nur, wenn dies eigens durch Verwendung eines für eine solche Flüssigkeit oder Gewebe validierten Tests klinisch gerechtfertigt ist.

(9) Haben potenzielle Spender Blut verloren und kurz zuvor gespendetes Blut, Blutbestandteile, Kolloide oder Kristalloide erhalten, ist zur Bewertung des Hämodilutionsgrads ein Algorithmus anzuwenden:

  1. 1. Prämortale Blutprobenentnahme: wenn innerhalb von 48 Stunden vor der Blutprobenentnahme eine Gabe von Blut, Blutbestandteilen und/oder Kolloiden oder innerhalb von einer Stunde vor der Blutprobenentnahme eine Infusion von Kristalloiden stattgefunden hat,
  2. 2. Postmortale Blutprobenentnahme: wenn innerhalb von 48 Stunden vor dem Tod eine Gabe von Blut, Blutbestandteilen und/oder Kolloiden oder innerhalb von einer Stunde vor dem Tod eine Infusion von Kristalloiden stattgefunden hat.

Gewebe und Zellen von Spendern mit mehr als 50%-iger Plasmaverdünnung darf nur verwendet werden, wenn die angewendeten Testmethoden für solches Plasma validiert sind oder wenn eine Prätransfusionsprobe vorliegt.

(10) Bei verstorbenen Spendern müssen die Blutproben sofort nach dem Tod, falls dies nicht möglich ist, so schnell wie möglich und nicht später als 24 Stunden nach dem Tod entnommen werden, sofern nicht schon unmittelbar vor dem Tod des Spenders eine Blutprobe entnommen wurde.

(11) Bei lebenden Spendern, ausgenommen allogene Spender von Knochenmarkstammzellen und peripheren Blutstammzellen, sind Blutproben zum Zeitpunkt der Spende zu entnehmen oder, falls dies nicht möglich ist, innerhalb von sieben Tagen vor oder nach der Spende (dies ist die „Spendenprobe“).

(12) Können die Gewebe und Zellen langfristig gelagert werden, ist bei allogenen lebenden Spendern nach 180 Tagen eine erneute Probenahme und ein Wiederholungstest durchzuführen. Bei wiederholter Testung kann die Spenderprobe bis zu 30 Tage vor und sieben Tage nach der Spende entnommen werden.

(13) Können Gewebe und Zellen allogener lebender Spender nicht langfristig gelagert werden und ist deshalb keine Wiederholungsprobenahme möglich, findet Abs. 14 Anwendung.

(14) Wird bei einem lebenden Spender (ausgenommen Spender von Knochenmarkstammzellen und peripheren Blutstammzellen) die „Spendenprobe“, wie in Abs. 11 definiert, zusätzlich mittels Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren (NAT) auf HIV, HBV und HCV getestet, kann der Test einer Wiederholungsblutprobe entfallen. Der Wiederholungstest kann auch entfallen, wenn die Verarbeitung einen Inaktivierungsschritt umfasst, der für die betreffenden Viren validiert worden ist.

(15) Bei der Entnahme von Knochenmark und peripheren Blutstammzellen sind die Blutproben innerhalb von 30 Tagen vor der Spende zur Testung zu entnehmen.

(16) Handelt es sich bei dem Spender um ein Neugeborenes, ist der biologische Spendertest an der Mutter vorzunehmen, sofern dadurch ein unnötiger Eingriff am Neugeborenen vermieden werden kann.

(17) Von allen entnommenen Proben sind in ausreichender Menge Rückstellmuster anzulegen, sodass zumindest eine zweimalige Wiederholung der freigaberelevanten Laboruntersuchungen möglich ist. Die Rückstellmuster sind an die jeweilige Gewebebank zu übermitteln.

Spende- und Entnahmeverfahren

§ 5. (1) Vor der Entnahme von Zellen oder Geweben ist die Einwilligung des Spenders und seine Identifizierung zu bestätigen und zu dokumentieren.

(2) Der für die Anamnese verantwortliche Arzt hat sicherzustellen, dass der Spender die erteilten Informationen verstanden hat, die Möglichkeit hatte Fragen zu stellen und bestätigt hat, alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben.

(3) Bei verstorbenen Spendern ist die Anfrage bei dem von der Gesundheit Österreich GmbH geführten Widerspruchsregister und deren negatives Ergebnis zu dokumentieren.

(4) Zur Erhebung der entsprechenden Information über den Spender sind alle zweckdienlichen Quellen zu nutzen, sofern es sich um einen lebenden Spender handelt, hat jedenfalls auch eine Befragung stattzufinden.

(5) Darüber hinaus ist beim verstorbenen Spender und, sofern gerechtfertigt, beim lebenden Spender eine körperliche Untersuchung durchzuführen, um etwaige Anzeichen zu erkennen, die allein bereits für den Ausschluss des Spenders ausreichen oder die anhand der medizinischen und persönlichen Vorgeschichte des Spenders überprüft werden müssen.

(6) Die gesamte Spenderakte ist von einem Arzt auf die Eignung des Spenders zu überprüfen und zu bewerten sowie zu unterzeichnen.

(7) Die Entnahmeverfahren müssen im Hinblick auf den Spender und die gespendeten Gewebe bzw. Zellen angemessen sein. Die Verfahren müssen die Sicherheit des lebenden Spenders gewährleisten.

(8) Die Entnahmeverfahren müssen diejenigen Eigenschaften der Gewebe bzw. Zellen schützen, die für deren letztendliche klinische Verwendung erforderlich sind, und gleichzeitig das Risiko einer mikrobiellen Verunreinigung während des Verfahrens minimieren, insbesondere wenn die Gewebe und Zellen anschließend keinem Inaktivierungs- und Sterilisierungsprozess unterzogen werden.

(9) Bei verstorbenen Spendern ist der Zugang zum Entnahmeort zu beschränken. An der Entnahmestelle am Körper des Spenders ist ein lokaler steriler Bereich mit sterilen Tüchern zu verwenden. Das die Entnahme durchführende Personal muss der Art der Entnahme entsprechend gekleidet (sterile Kleidung und Handschuhe, Gesichtsmasken) und ordnungsgemäß desinfiziert sein.

(10) Bei verstorbenen Spendern ist die Entnahmestelle zu dokumentieren und der zwischen dem Tod und der Entnahme verstrichene Zeitraum anzugeben, um sicherzustellen, dass die erforderlichen biologischen und/oder physikalischen Eigenschaften der Gewebe bzw. Zellen erhalten bleiben.

(11) Jeglicher während der Entnahme auftretende Zwischenfall, der einem lebenden Spender Schaden zugefügt hat oder haben kann, sowie das Ergebnis jeglicher Untersuchung zur Feststellung der entsprechenden Ursache sind aufzuzeichnen und zu überprüfen.

(12) Es müssen Verfahren und SOPs vorhanden sein, durch die das Risiko einer Kontaminierung der Gewebe bzw. Zellen durch möglicherweise mit einer übertragbaren Krankheit infiziertes Personal nach Möglichkeit ausgeschlossen oder auf das nicht ausschließbare Minimum reduziert wird.

(13) Für die Gewebe- bzw. Zellentnahme sind sterile Instrumente und Entnahmebestecke zu verwenden. Die Instrumente und Entnahmebestecke sind zu qualifizieren oder speziell zu zertifizieren sowie regelmäßig für die Entnahme von Geweben bzw. Zellen instand zu halten.

(14) Müssen wiederverwendbare Instrumente benutzt werden, so muss ein validiertes Reinigungs- und Sterilisierungsverfahren zur Entfernung von Infektionserregern vorhanden sein.

(15) Für alle Tätigkeiten müssen die Spezifikationen aller kritischen Betriebsmittel und Reagenzien sowie Spezifikationen für das Verpackungsmaterial festgelegt werden. Kritische Betriebsmittel und Reagenzien müssen dokumentierten Anforderungen und Spezifikationen entsprechen und gegebenenfalls den Anforderungen des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr. 657/1996, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 153/2005 und BGBl. I Nr. 6/2007, der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte und der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika oder - bei einer Beschaffung in Drittländern - gleichwertige Standards erfüllen. Das gesamte beteiligte Personal ist auf geeignete Weise im Umgang mit kritischen Betriebsmitteln und Reagenzien zu schulen.

Dokumentation

§ 6. (1) Für jeden Spender ist eine Spenderdokumentation mit folgenden Angaben anzulegen:

  1. 1. Spenderidentität (Vorname, Familienname und Geburtsdatum; sind Mutter und Kind an der Spende beteiligt, sowohl Name und Geburtsdatum der Mutter als auch Name, soweit bekannt, und Geburtsdatum des Kindes),
  2. 2. Alter, Geschlecht, medizinische und Verhaltensanamnese (die erhobenen Informationen müssen ausreichen, um gegebenenfalls die Anwendung der Ausschlusskriterien zu ermöglichen),
  3. 3. gegebenenfalls Befund der körperlichen Untersuchung,
  4. 4. gegebenenfalls Hämodilutionsformel,
  5. 5. gegebenenfalls die Einwilligung, auch in Bezug auf den Zweck bzw. die Zwecke, für welche die Gewebe bzw. Zellen verwendet werden dürfen (d. h. für Therapie- und/oder Forschungszwecke) sowie sonstige spezifische Anweisungen für die Entsorgung, falls die Gewebe bzw. Zellen nicht zu dem Zweck verwendet werden, für den die Einwilligung erteilt wurde,
  6. 6. gegebenenfalls das negative Ergebnis einer Anfrage beim Widerspruchsregister,
  7. 7. klinische Daten, Ergebnisse der Labortests und sonstiger durchgeführter Tests, inklusive des Zeitpunkts der Probenentnahme,
  8. 8. wurde eine Obduktion vorgenommen, sind deren Ergebnisse in die Dokumentation aufzunehmen (bei Geweben und Zellen, die nicht langfristig gelagert werden können, ist ein vorläufiger mündlicher Obduktionsbericht aufzuzeichnen),
  9. 9. bei Spendern hämatopoetischer Vorläuferzellen ist die Eignung des Spenders für den ausgewählten Empfänger zu dokumentieren. Sind Spender und Empfänger nicht genetisch verwandt und hat die für die Entnahme verantwortliche Organisation nur begrenzten Zugang zu den Empfängerdaten, müssen der Transplantationseinrichtung die zur Bestätigung der Eignung zweckdienlichen Spenderdaten zur Verfügung gestellt werden.

(2) Über jede Entnahme ist ein Entnahmebericht zu erstellen, der mindestens zu enthalten hat:

  1. 1. die Identifizierung, Name und Anschrift der Gewebebank bzw. des Anwenders bei Direktverwendung, welche die Gewebe bzw. Zellen erhalten soll,
  2. 2. Angaben über die Spenderidentität (einschließlich der Angabe, wie und von wem der Spender identifiziert wurde) und die Anamnese,
  3. 3. Beschreibung und Identifizierung der entnommenen Gewebe bzw. Zellen (einschließlich der zur Testung entnommenen Zellen),
  4. 4. Identität der für diese Entnahme zuständigen Person, einschließlich deren Unterschrift,
  5. 5. Datum, Uhrzeit (wenn zweckdienlich, Beginn und Ende), Ort der Entnahme und das verwendete Verfahren (SOP), einschließlich etwaiger Zwischenfälle; gegebenenfalls Umgebungsbedingungen in der Entnahmeeinrichtung (Beschreibung des Bereichs, wo die Entnahme stattfand),
  6. 6. bei verstorbenen Spendern Beschreibung der Bedingungen, unter denen die Leiche aufbewahrt wird: gekühlt (oder nicht), Zeitpunkt des Beginns und des Endes der Kühlung,
  7. 7. Identifizierung/Chargennummern der verwendeten Reagenzien und Transportlösungen und
  8. 8. bei Zellkulturen zur autologen Verwendung auch die Möglichkeit von Arzneimittelallergien des Empfängers.

(3) Der Entnahmebericht sowie die Dokumentationsinhalte gemäß Abs. 1 Z 3, 4, 5, 6, 7 und 8 sind der jeweiligen Gewebebank zu übermitteln.

(4) Die für eine vollständige Rückverfolgbarkeit erforderlichen Aufzeichnungen über die Spende sind mindestens 30 Jahre nach der klinischen Verwendung oder dem Verfalldatum in geeigneter Weise aufzubewahren. Alle Aufzeichnungen müssen während des gesamten angegebenen Aufbewahrungszeitraums klar und erkennbar sein, vor unbefugter Änderung geschützt werden, in diesem Zustand aufbewahrt werden und leicht abrufbar sein.

Verpackung

§ 7. (1) Nach der Entnahme sind alle gewonnenen Gewebe bzw. Zellen so zu verpacken, dass das Kontaminationsrisiko minimiert wird. Sie sind bei Temperaturen zu lagern, bei denen ihre Merkmale und biologischen Funktionen erhalten bleiben. Die Verpackung muss außerdem die Kontaminierung der für die Verpackung und den Transport der Gewebe bzw. Zellen Verantwortlichen vermeiden.

(2) Die verpackten Gewebe bzw. Zellen sind in einem Behälter zu transportieren, der für den Transport biologischen Materials geeignet ist und der die Sicherheit und die Qualität der darin enthaltenen Gewebe bzw. Zellen gewährleistet.

(3) Etwaige zur Testung bestimmte beigefügte Gewebe- oder Blutproben sind genau zu kennzeichnen, um die Identifizierung des Spenders sicherzustellen. Zudem müssen sie Angaben über Ort und Zeit der Probennahme tragen.

Kennzeichnung

§ 8. (1) Jede Gewebe bzw. Zellen enthaltende Packung ist zum Zeitpunkt der Entnahme zu kennzeichnen. Die Primärverpackung für Gewebe bzw. Zellen muss den Spendercode gemäß § 5 Abs. 6 GSG und Angaben über die Art der Gewebe bzw. Zellen aufweisen.

(2) Ist die Packung groß genug, muss sie neben den in Abs. 1 genannten auch folgende Angaben tragen:

  1. 1. Datum (und möglichst Uhrzeit) der Spende,
  2. 2. Warnung vor Gefährdungspotenzial,
  3. 3. Art verwendeter Zusätze,
  4. 4. bei autologen Spenden die Aufschrift „Nur zur autologen Verwendung“,
  5. 5. bei Direktspenden ist der Empfängercode zu nennen.

Kann eine dieser Informationen nicht auf der Primärverpackung angegeben werden, so ist sie auf einem gesonderten Blatt anzugeben, das der Primärverpackung untrennbar beizufügen ist.

Kennzeichnung des Transportbehälters

§ 9. (1) Werden die Gewebe bzw. Zellen weitergegeben, muss jeder Transportbehälter mindestens folgende Angaben tragen:

  1. 1. „VORSICHT“ und „GEWEBE UND ZELLEN“,
  2. 2. Identität der Einrichtung, aus der die Packung transportiert wird (Anschrift und Telefonnummer) und Ansprechpartner für Problemfälle,
  3. 3. Identität der Bestimmungsgewebebank bzw. des Anwenders bei Direktverwendung (Anschrift und Telefonnummer) und des Ansprechpartners für die Anlieferung des Behälters,
  4. 4. Datum und Uhrzeit des Transportbeginns,
  5. 5. Angaben über die Transportbedingungen, die für die Qualität und die Sicherheit der Gewebe bzw. Zellen relevant sind,
  6. 6. bei allen Zellprodukten ist hinzuzufügen: „NICHT BESTRAHLEN“,
  7. 7. hat ein Produkt bekanntermaßen ein positives Testergebnis für einen Marker einer relevanten Infektionskrankheit ergeben, ist hinzuzufügen: „BIOLOGISCHE GEFÄHRDUNG“,
  8. 8. bei autologen Spendern ist hinzuzufügen: „NUR ZUR AUTOLOGEN VERWENDUNG“,
  9. 9. Angaben über die Lagerungsbedingungen (wie z. B. „NICHT EINFRIEREN“).

(2) Für alle Kennzeichnungsvorgänge muss die Entnahmeeinrichtung über SOPs verfügen.

Standardarbeitsanweisungen (SOPs)

§ 10. (1) Jede Entnahmeeinrichtung hat über Standardarbeitsanweisungen (SOPs) für

  1. 1. die Überprüfung der Spenderidentität,
  2. 2. die Einzelheiten der Einwilligung,
  3. 3. die Bewertung der in § 3 aufgeführten Auswahlkriterien für Spender, und
  4. 4. die Bewertung der für Spender vorgeschriebenen Labortests

zu verfügen.

(2) Die Entnahmeeinrichtung muss weiters über SOPs für die Entnahme, Verpackung, Kennzeichnung und Weitergabe von Geweben und Zellen an die Gewebebank oder, im Falle der Direktverwendung von Geweben und Zellen, an das für ihre Verwendung verantwortlichen klinischen Team oder, im Falle von Gewebe- bzw. Zellproben, an das Labor für die Testdurchführung verfügen.

Auswahlkriterien für die Spender von Keimzellen

§ 11. (1) Die Auswahlkriterien gemäß § 3 und Laboruntersuchungen gemäß § 4 gelten nicht für Spender bei der Partnerspende von Keimzellen zur Direktverwendung.

(2) Bei der nicht zur Direktverwendung bestimmten Partnerspenden müssen die in den Abs. 3 bis 7 genannten Voraussetzungen erfüllt werden.

(3) Der für den Spender zuständige Arzt muss anhand der Anamnese und der therapeutischen Indikationen entscheiden und dokumentieren, ob die Spende gerechtfertigt und deren Sicherheit für die Empfängerin und das daraus möglicherweise entstehende Kind bzw. die Kinder gewährleistet ist.

(4) Folgende Laboruntersuchungen sind durchzuführen, um festzustellen, ob das Risiko einer Kreuzkontamination besteht:

  1. 1. HIV 1 und 2: Anti-HIV-1,2,
  2. 2. Hepatitis B: HBsAg und Anti-HBc,
  3. 3. Hepatitis C: Anti-HCV-Ab.

Bei Sperma, das zur intrauterinen Samenübertragung verarbeitet und nicht gelagert wird, und sofern die Gewebebank nachweisen kann, dass dem Risiko der Kreuzkontamination und der Exposition des Personals durch die Anwendung validierter Verfahren begegnet wurde, ist die Laboruntersuchung nicht erforderlich.

(5) Wenn die Ergebnisse der Tests auf HIV 1 und 2, Hepatitis B oder Hepatitis C positiv sind oder keine Ergebnisse vorliegen oder ein Infektionsrisiko des Spenders bekannt ist, muss die Spende getrennt gelagert werden.

(6) HTLV-I-Antikörpertests sind bei Spendern vorzunehmen, die in Gebieten mit hoher Inzidenz leben oder aus solchen Gebieten stammen oder deren Sexualpartner oder Eltern aus solchen Gebieten stammen.

(7) Je nach der Vorgeschichte des Spenders und den Merkmalen der gespendeten Gewebe bzw. sind auf Grundlage einer Risikobewertung zusätzliche Tests durchzuführen.

(8) Die Verwendung von Keimzellen für andere als Partnerspenden muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. 1. Die Spender sind anhand ihres Alters, Gesundheitszustands und ihrer Anamnese auszuwählen, die mittels eines Fragebogens und einer persönlichen Befragung durch einen Arzt erhoben werden. Diese Prüfung enthält relevante Faktoren, die zur Identifizierung und zum Ausschluss von Personen beitragen können, deren Spende mit einem Gesundheitsrisiko für andere, wie einer möglichen Krankheitsübertragung oder mit einem Gesundheitsrisiko für sie selbst verbunden sein könnte.
  2. 2. Die Serum- oder Plasmaproben der Spender müssen beim Test gemäß § 4 Abs. 1 negativ auf HIV 1 und 2, HCV, HBV und Syphilis reagieren; die Urinproben von Spermaspendern müssen darüber hinaus beim Test auf Chlamydien mittels Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren (NAT) negativ reagieren.
  3. 3. HTLV-I-Antikörpertests sind bei Spendern vorzunehmen, die in Gebieten mit hoher Inzidenz leben oder aus solchen Gebieten stammen oder deren Sexualpartner oder Eltern aus solchen Gebieten stammen.
  4. 4. Je nach der Vorgeschichte des Spenders und den Merkmalen der gespendeten Gewebe bzw. Zellen sind auf Grundlage einer Risikobewertung zusätzliche Tests durchzuführen.

(9) Für autologe Spender gelten die Anforderungen des Abs. 8, sofern die entnommenen Gewebe oder Zellen gelagert oder kultiviert werden sollen; positive Testergebnisse schließen nicht unbedingt aus, dass die Gewebe bzw. Zellen oder daraus gewonnene Produkte gelagert, verarbeitet und reimplantiert werden, sofern geeignete isolierte Lagereinrichtungen vorhanden sind, um jegliches Risiko einer Kreuzkontamination mit anderen Transplantaten und/oder einer Kontamination mit Adventiv-Agenzien und/oder einer Verwechslung zu vermeiden.

Bezugnahme auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft

§ 12. Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. Nr. L 38 vom 9. Februar 2006 S 40, umgesetzt.

Kdolsky

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