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BGBl II 190/2008

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

190. Verordnung: Gewebevigilanzverordnung - GVVO

190. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Gewebevigilanzmeldungen (Gewebevigilanzverordnung - GVVO)

Auf Grund der §§ 30 Z 10 und Z 12 und 32 Abs. 3 des Gewebesicherheitsgesetzes, BGBl. I Nr. 49/2008, wird verordnet:

Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung findet Anwendung auf die Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen bei der Gewinnung von menschlichen Zellen oder Geweben, die Meldung schwerwiegender unerwünschter Reaktionen bei der Verwendung dieser Produkte und die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung und bei der Verwendung von menschlichen Zellen oder Geweben zur Anwendung beim Menschen.

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) „Schwerwiegende unerwünschte Reaktion“ ist eine unbeabsichtigte Reaktion, einschließlich einer übertragbaren Krankheit, beim Spender oder Empfänger im Zusammenhang mit der Gewinnung oder der Verwendung von Zellen und Geweben, die tödlich oder lebensbedrohend verläuft, eine Behinderung oder einen Fähigkeitsverlust zur Folge hat oder einen Krankenhausaufenthalt erforderlich macht oder verlängert bzw. zu einer Erkrankung führt oder diese verlängert.

(2) „Schwerwiegender Zwischenfall“ ist jedes unerwünschte Ereignis im Zusammenhang mit der Gewinnung, Testung, Verarbeitung, Lagerung und Verteilung von Geweben und Zellen, das die Übertragung einer ansteckenden Krankheit, den Tod oder einen lebensbedrohenden Zustand, eine Behinderung oder einen Fähigkeitsverlust von Spendern oder Empfängern zur Folge haben könnte, einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen oder verlängern könnte bzw. zu einer Erkrankung führen oder diese verlängern könnte.

(3) Bei Maßnahmen der medizinisch unterstützten Fortpflanzung gilt auch jede Fehlidentifizierung oder Verwechslung einer Keimzelle oder eines Embryos als schwerwiegender Zwischenfall.

(4) „Einrichtung“ ist jede Organisationseinheit zur Gewinnung von menschlichen Zellen oder Geweben.

(5) „Gewebebank“ ist jede Einrichtung, in der Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung menschlicher Zellen und Geweben zur Anwendung beim Menschen ausgeführt werden.

(6) „Verantwortliche Person“ ist eine Person im Sinne des § 9 Gewebesicherheitsgesetz (GSG), BGBl. I Nr. 49/2008.

(7) „Anwender“ sind Krankenanstalten oder freiberuflich tätige Ärzte oder Zahnärzte, die für die Verwendung von menschlichen Zellen oder Gewebe beim Menschen verantwortlich sind.

Meldungen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

§ 3. (1) Jede Einrichtung hat alle vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen, die beim lebenden Spender auftreten, und sich auf die Qualität und Sicherheit der Zellen und Gewebe auswirken können, der Gewebebank, an die die Zellen oder Gewebe weitergegeben wurden, unverzüglich zu melden. Diese Meldung hat die Art der gewonnenen Zellen oder Gewebe und die Art der vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu enthalten.

(2) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 1 hat die Einrichtung der Gewebebank umgehend eine Meldung über die Schlussfolgerungen der Untersuchung der schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu übermitteln. Diese hat das klinische Ergebnis (vollständige Genesung, leichte Folgeerscheinungen, schwerwiegende Folgeerscheinungen oder Tod), das Untersuchungsergebnis und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen und allfällige Empfehlungen für Präventiv- und Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

(3) Anwender haben alle vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen, die beim Empfänger während oder nach der Verwendung auftreten, und die mit der Qualität und Sicherheit der Zellen und Gewebe in Zusammenhang stehen können, der Gewebebank, von der die Zellen oder Gewebe bezogen wurden, bzw. bei Direktverwendung der Einrichtung, von der die Zellen oder Gewebe bezogen wurden, unverzüglich zu melden. Diese Meldung hat die Art der an der vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion beteiligten Zellen oder Gewebe und die Art der vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu enthalten.

(4) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 3 hat der Anwender der Gewebebank bzw. der Einrichtung umgehend eine Meldung über die Schlussfolgerungen der Untersuchung der schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu übermitteln. Diese hat das klinische Ergebnis (vollständige Genesung, leichte Folgeerscheinungen, schwerwiegende Folgeerscheinungen oder Tod), das Untersuchungsergebnis und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen und allfällige Empfehlungen für Präventiv- und Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

(5) Jede Gewebebank bzw. bei Direktverwendung jede Einrichtung hat dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen unverzüglich alle vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen gemäß Abs. 1 und Abs. 3 zu melden. Diese Meldungen haben die Art der gewonnenen Zellen oder Gewebe bzw. die Art der an der vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion beteiligten Zellen oder Gewebe und die Art der vermuteten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu enthalten. Gegebenenfalls ist auch zu melden, welche Maßnahmen in Bezug auf andere betroffene, zur Verwendung beim Menschen verteilte Zellen oder Gewebe ergriffen wurden.

(6) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle hat die Gewebebank bzw. bei Direktverwendung die Einrichtung zur Gewinnung dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen umgehend einen Bericht über die Schlussfolgerungen der Untersuchung der schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu übermitteln. Dieser hat das klinische Ergebnis (vollständige Genesung, leichte Folgeerscheinungen, schwerwiegende Folgeerscheinungen oder Tod), das Untersuchungsergebnis und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen und allfällige Präventiv- und Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

Jahresmeldungen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen

§ 4. (1) Jede Gewebebank bzw. jede Einrichtung hat bis spätestens 30. April für das zurückliegende Kalenderjahr dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen einen vollständigen Bericht über alle schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen gemäß § 3 aus ihrem Bereich zu übermitteln.

(2) Dieser hat die Zahl der schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen je Gewebe- oder Zellart, die Gesamtzahl der verteilten Zellen und Gewebe, die Zahl der betroffenen Empfänger, und die Art der gemeldeten schwerwiegenden unerwünschten Reaktion zu enthalten. Dabei hat eine Zuordnung zu den folgenden Punkten zu erfolgen:

  1. 1. übertragene bakterielle Infektionen,
  2. 2. übertragene Virusinfektion,
  3. 3. übertragene parasitäre Infektionen,
  4. 4. übertragene maligne Erkrankungen,
  5. 6. sonstige Krankheitsübertragungen und
  6. 7. sonstige schwerwiegenden Reaktion.

Meldungen schwerwiegender Zwischenfälle

§ 5. (1) Jede Einrichtung hat alle vermuteten schwerwiegenden Zwischenfälle bei der Gewinnung, die sich auf die Qualität und Sicherheit der Zellen und Gewebe auswirken können, der Gewebebank, an die die Zellen oder Gewebe weitergegeben wurden, unverzüglich zu melden. Bei der Meldung ist dahingehend zu differenzieren, ob es sich um einen Defekt bei Zellen oder Gewebe, um ein Ausrüstungsversagen, um menschliches Versagen oder einen sonstigen schwerwiegenden Zwischenfall handelt.

(2) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 1 hat die Einrichtung der Gewebebank umgehend eine Meldung über die Schlussfolgerungen der Untersuchung des schwerwiegenden Zwischenfalls zu übermitteln. Diese hat eine eingehende Analyse der Hauptursache und Einzelheiten zu den getroffenen Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

(3) Anwender haben alle vermuteten schwerwiegenden Zwischenfälle, die mit der Qualität und Sicherheit der Zellen und Gewebe in Zusammenhang stehen können, der Gewebebank, von der die Zellen oder Gewebe bezogen wurden, bzw. bei Direktverwendung der Einrichtung, von der die Zellen oder Gewebe bezogen wurden, unverzüglich zu melden. Bei der Meldung ist dahingehend zu differenzieren, ob es sich um einen Defekt bei Zellen oder Gewebe, um ein Ausrüstungsversagen, um menschliches Versagen oder einen sonstigen schwerwiegenden Zwischenfall handelt.

(4) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle gemäß Abs. 3 hat der Anwender der Gewebebank bzw. der Einrichtung umgehend eine Meldung über die Schlussfolgerungen der Untersuchung des schwerwiegenden Zwischenfalls zu übermitteln. Diese hat eine eingehende Analyse der Hauptursache und Einzelheiten zu den getroffenen Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

(5) Jede Gewebebank bzw. bei Direktverwendung jede Einrichtung hat dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen unverzüglich alle vermuteten schwerwiegenden Zwischenfälle gemäß Abs. 1 und Abs. 3 zu melden. Jede Gewebebank hat weiters alle vermuteten schwerwiegenden Zwischenfälle beim Transport, bei der Verarbeitung, Lagerung oder Verteilung, die die Qualität und Sicherheit der Zellen und Gewebe beeinflussen können, unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu melden. Bei der Meldung ist dahingehend zu differenzieren, ob es sich um einen Defekt bei Zellen oder Geweben, um ein Ausrüstungsversagen, um menschliches Versagen oder einen sonstigen schwerwiegenden Zwischenfall handelt. Gegebenenfalls ist auch zu melden, welche Maßnahmen in Bezug auf andere betroffene, zur Verwendung beim Menschen verteilte Zellen oder Gewebe ergriffen wurden.

(6) Nach Aufklärung der Verdachtsfälle hat die Gewebebank bzw. bei Direktverwendung die Einrichtung dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen umgehend einen Bericht über die Schlussfolgerungen der Untersuchung des schwerwiegenden Zwischenfalls zu übermitteln. Dieser hat eine eingehende Analyse der Hauptursache und Einzelheiten zu den getroffenen Korrekturmaßnahmen zu enthalten.

Jahresmeldungen schwerwiegender Zwischenfälle

§ 6. (1) Jede Gewebebank bzw. jede Einrichtung hat bis spätestens 30. April für das zurückliegende Kalenderjahr dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen einen vollständigen Bericht über alle schwerwiegenden Zwischenfälle gemäß § 5 aus ihrem Bereich zu übermitteln.

(2) Dieser hat die Zahl der schwerwiegenden Zwischenfälle, differenziert nach Ursachen (Defekt bei Zellen oder Geweben, Ausrüstungsversagen, menschliches Versagen oder sonstiger schwerwiegender Zwischenfall) und die Gesamtzahl der verteilten Zellen und Gewebe zu enthalten.

Form der Meldungen

§ 7. Meldungen gemäß dieser Verordnung haben mittels Formularen zu erfolgen, die auf der Homepage des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen veröffentlicht sind.

Jahresberichte an die Europäische Kommission

§ 8. (1) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen hat der Europäischen Kommission bis zum 30. Juni des Folgejahres einen Bericht über die Meldungen der schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen und Zwischenfälle zu übermitteln.

(2) Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen veröffentlicht auf seiner Homepage die von der Europäischen Kommission verfasste Zusammenfassung der von den Mitgliedstaaten eingegangenen Berichte.

Bezugnahme auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft

§ 9. Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen, ABl. Nr. L 294 vom 25. Oktober 2006 S 32, umgesetzt.

Kdolsky

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