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BGBl II 148/2008

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

148. Verordnung: Bluetongue-Bekämpfungsverordnung
[CELEX-Nr.: 32000L0075]

148. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über Maßnahmen zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Bekämpfungsverordnung)

Auf Grund der §§ 1 Abs. 6, 2c, 12, 23 Abs. 2 und 25a Abs. 3 des Tierseuchengesetzes (TSG), RGBl. Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008, wird verordnet:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Diese Verordnung dient der Bekämpfung der Blauzungenkrankheit (Bluetongue) in Österreich sowie der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 der Kommission vom 26. Oktober 2007 mit Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2000/75/EG des Rates hinsichtlich der Bekämpfung, Überwachung und Beobachtung der Blauzungenkrankheit sowie der Beschränkungen, die für Verbringungen bestimmter Tiere von für die Blauzungenkrankheit empfänglichen Arten gelten.

(2) Die Bestimmungen dieser Verordnung sind anzuwenden, wenn bei Tieren empfänglicher Arten, die gemäß § 1 Abs. 1 TSG in Stallungen oder in fest umfriedeten Gebieten oder anderwärtig als Haustiere oder in Tiergärten oder in ähnlicher Weise gezüchtet oder gehalten werden, der Verdacht auf Bluetongue vorliegt oder deren Ausbruch festgestellt wird.

Begriffsbestimmungen und Verweisungen

§ 2. (1) im Sinne dieser Verordnung bedeuten:

  1. 1. amtlicher Tierarzt: ein für die zuständige Behörde tätiger Amtstierarzt oder ein vom Landeshauptmann gemäß § 2a TSG bestellter Tierarzt;
  2. 2. Bestand: Gesamtheit der Tiere eines Tierhaltungsbetriebes, die eine von der Bezirksverwaltungsbehörde festgestellte epidemiologische Einheit darstellt; unter den Begriff „Tierhaltungsbetrieb“ fällt jedes Gebäude, jede Anlage oder (im Falle eines landwirtschaftlichen Freilandbetriebes) jeder andere Ort, an dem Tiere gemeinsam gehalten, aufgezogen oder behandelt werden;
  3. 3. Betrieb: landwirtschaftlicher oder anderer Betrieb, in dem dauerhaft oder vorübergehend Tiere empfänglicher Arten aufgezogen oder gehalten werden;
  4. 4. Bluetongue-Krisenplan: der „Krisenplan zur Bekämpfung der Bluetongue in der Republik Österreich“, wie er auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend (www.bmgfj.gv.at ) veröffentlicht ist;
  5. 5. empfängliche Arten: alle Wiederkäuerarten, d.h. Schafe, Rinder, Ziegen und Wildwiederkäuer (Rotwild, Rehwild, Gämsen, Steinböcke, Antilopen, Gazellen, Giraffen) sowie Camelidae;
  6. 6. Nationales Referenzlabor: die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Betriebsstätte Mödling, Robert Koch Gasse 17, 2340 Mödling (AGES Mödling);
  7. 7. Richtlinie 2000/75 : die Richtlinie 2000/75/EG des Rates vom 20. November 2000 mit besonderen Bestimmungen für Maßnahmen zur Bekämpfung und Tilgung der Blauzungenkrankheit (ABl. Nr. L 327 vom 22.12.2000);
  8. 8. Rinderkennzeichnungs-Verordnung: die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern (Rinderkennzeichnungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 408/1997 idF BGBl. I Nr. 55/2007;
  9. 9. Sentinelrinder: Anzeigertiere, die nachweislich Antikörper-frei sind, aus Beständen stammen, die keinerlei Beschränkungen in Zusammenhang mit Bluetongue unterliegen und in bestimmten Beständen eingesetzt und regelmäßig serologisch untersucht werden, um festzustellen, ob in diesen Beständen Infektionen vorhanden sind;
  10. 10. Bestätigung des Ausbruchs: die auf Laborbefunde des nationalen Referenzlabors gestützte Feststellung des amtlichen Tierarztes, dass in einem bestimmten Gebiet das Blauzungen-Virus zirkuliert; bei gehäuftem Auftreten der Krankheit kann der amtliche Tierarzt die Seuchenbestätigung auch auf klinische und/oder epidemiologische Befunde stützen;
  11. 11. Verdacht des Ausbruchs: das Vorliegen klinischer Anzeichen von Bluetongue bei Tieren vor dem Hintergrund insbesondere epidemiologischer Daten, die ein Auftreten dieser Krankheit als denkbar erscheinen lassen;
  12. 12. Tiere: soweit nicht ausdrücklich anders angegeben, Tiere empfänglicher Arten;
  13. 13. Tierkennzeichnungsverordnung: die Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Kennzeichnung und Registrierung von Schweinen, Schafen und Ziegen (Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2007), BGBl. II Nr. 166/2007;
  14. 14. Tiermaterialiengesetz: das Bundesgesetz betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Materialien (Tiermaterialiengesetz - TMG), BGBl. I Nr. 141/2003, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 13/2006;
  15. 15. Vektor(en): Insekten der Gattung „culicoida“ oder andere blutsaugende Insekten (insbesondere sonstige Stechmücken/Moskitos und Zecken), die das Bluetongue-Virus übertragen können;
  16. 16. Verordnung 1774/2002 : die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. Nr. L 273 vom 10.10.2002), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 829/2007 vom 28. Juni 2007.

(2) Soweit in dieser Verordnung auf andere Verordnungen der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Bei allen in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

Behördliche Maßnahmen bei Verdacht von Bluetongue

§ 3. (1) Nach Anzeige des Verdachtes oder Ausbruchs von Bluetongue gemäß §§ 16 und 17 TSG ist die vorläufige Sperre des Betriebes gemäß §§ 20 oder 24 Abs. 2 TSG zu verhängen. Dabei ist jedenfalls anzuordnen, dass lebende Tiere weder aus dem betroffenen Betrieb noch in diesen Betrieb verbracht werden. Danach hat der gemäß § 21 Abs. 1 entsandte amtliche Tierarzt unverzüglich folgende Maßnahmen einzuleiten oder zu veranlassen:

  1. 1. Die Durchführung gründlicher klinischer Untersuchungen oder Autopsie der seuchenverdächtigen oder verendeten Tiere und die Entnahme von Proben, welche zur Bestätigung oder Entkräftung des Seuchenverdachtes schnellstmöglich zur Untersuchung an das nationalen Referenzlabor zu senden sind;
  2. 2. Erfassung und Zählung aller Tiere empfänglicher Arten des Bestandes unter Angabe der Anzahl bereits verendeter, infizierter oder ansteckungsverdächtiger Tiere; diese Zählung ist laufend auf den neuesten Stand zu bringen, um alle im Verdachtszeitraum geborenen oder verendeten Tiere zu erfassen;
  3. 3. Überprüfung der Kennzeichnung und des Bestandsregisters oder Bestandsverzeichnisses gemäß der Tierkennzeichnungsverordnung oder Rinderkennzeichnungs-Verordnung;
  4. 4. Anordnung, dass die Körper von im Betrieb verendeten Tieren gemäß Tiermaterialiengesetz und Verordnung 1774/2002 unschädlich beseitigt werden;
  5. 5. Erfassung der Orte, die das Überleben von Vektoren begünstigen oder ermöglichen, insbesondere der Orte, die ihre Vermehrung begünstigen;
  6. 6. Durchführung von Nachforschungen zur Epidemiologie gemäß Bluetongue-Krisenplan.

(2) Der amtliche Tierarzt hat, wenn dies nach Maßgabe des Falles erforderlich ist, weiters anzuordnen, dass

  1. 1. die Tiere zu den Zeiten, zu denen die Vektoren aktiv sind, in Stallungen untergebracht werden, sofern die erforderlichen Mittel für die Durchführung dieser Maßnahme - d. h. insbesonders ausreichend große und geeignete Stallungen - verfügbar sind;
  2. 2. die Tiere, sofern dies zweckmäßig und erforderlich ist um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern, mit geeigneten Mitteln (etwa Repellentien) behandelt werden;
  3. 3. die Tiere, die Gebäude, in denen sie untergebracht sind (insbesonders Orte, die für Vektoren ökologisch günstig sind), sowie die Umgebung regelmäßig mit zugelassenen Insektiziden behandelt werden, wobei die Häufigkeit dieser Behandlung unter Berücksichtigung der Remanenz des verwendeten Insektizids und der klimatischen Bedingungen festzulegen ist, um Angriffe der Vektoren so weit wie möglich zu vermeiden;

(3) Solange Maßnahmen gemäß Abs. 2 auf Veranlassung des amtlichen Tierarztes noch nicht getroffen wurden, hat der Tierhalter von sich aus dafür zu sorgen, dass die Tiere zu den Zeiten, zu denen die Vektoren aktiv sind, in Stallungen untergebracht werden, soweit dies nach Maßgabe der für die Durchführung dieser Maßnahme erforderlichen Mittel, d.h. insbesondere sofern dafür ausreichend große und dafür geeignete Stallungen verfügbar sind, möglich ist.

(4) Der Tierhalter hat nach Anzeige des Verdachts oder Ausbruchs der Bluetongue den amtlichen Tierarzt im Falle des Verendens eines Tieres einer empfänglichen Art unverzüglich davon zu unterrichten.

Maßnahmen bei Bestätigung eines Ausbruchs von Bluetongue

§ 4. (1) Bei Bestätigung eines Ausbruchs von Bluetongue in einem Betrieb hat die Bezirksverwaltungsbehörde dem Tierhalter aufzutragen, dass die Behandlung klinisch erkrankter Tiere durch einen Tierarzt zu erfolgen hat. In Fällen, bei denen eine Heilung auf Grund des schweren Krankheitsverlaufes ausgeschlossen erscheint, ist von der Bezirksverwaltungsbehörde die tierschutzgerechte Tötung anzuordnen.

(2) Die in § 3 Abs. 1 genannte vorläufige Sperre des Betriebes ist aufzuheben und es sind Sperrzonen nach § 5 einzurichten. Der Tierhalter ist auf die Verbringungsbeschränkungen der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 nachweislich hinzuweisen.

Zonenlegung (Sperrzone)

§ 5. (1) Unverzüglich nach der amtlichen Bestätigung des Ausbruchs von Bluetongue in einem Betrieb ist die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zu verständigen, um dieser die Einrichtung einer Sperrzone, die sich in eine Schutzzone mit einem Radius von mindestens 100 km um den Seuchenbetrieb und eine daran anschließenden Konztrollzone mit einem Radius von zusätzlich zumindest 50 km gliedert, zu ermöglichen.

(2) Die Gebiete gemäß Anhang A werden ab dem dort genannten Datum unter Berücksichtigung

  1. 1. der Ergebnisse der durchgeführten epidemiologischen Untersuchungen,
  2. 2. der geografischen Verhältnisse und insbesondere natürlicher oder künstlicher Grenzen,
  3. 3. des Standortes und der Nähe anderer Betriebe,
  4. 4. der Verbringungs- und Handelsstrukturen bei empfänglichen Tieren, sowie des Vorhandenseins von Schlachthöfen und Einrichtungen für die Schlachtkörperverarbeitung, sowie
  5. 5. der Einrichtungen und des Personals zur Kontrolle etwaiger Verbringungen von empfänglichen Tieren innerhalb der Zonen, insbesondere, wenn die zu tötenden Tiere aus ihrem Ursprungsbetrieb verbracht werden müssen,

zur Schutzzone erklärt.

(3) Die Gebiete gemäß Anhang B werden ab dem dort genannten Datum unter Berücksichtigung

  1. 1. der Ergebnisse der durchgeführten epidemiologischen Untersuchungen,
  2. 2. der geografischen Verhältnisse und insbesondere natürlicher oder künstlicher Grenzen,
  3. 3. des Standortes und der Nähe anderer Betriebe,
  4. 4. der Verbringungs- und Handelsstrukturen bei empfänglichen Tieren, sowie des Vorhandenseins von Schlachthöfen und Einrichtungen für die Schlachtkörperverarbeitung, sowie
  5. 5. der Einrichtungen und des Personals zur Kontrolle etwaiger Verbringungen von empfänglichen Tieren innerhalb der Zonen, insbesondere, wenn die zu tötenden Tiere aus ihrem Ursprungsbetrieb verbracht werden müssen,

zur Kontrollzone erklärt.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörden der betroffenen Gebiete haben für eine geeignete Kundmachung der Zonengrenzen sowie für eine geeignete Information der Bevölkerung über die in den Schutz- und Kontrollszonen geltenden Restriktionsmaßnahmen zu sorgen.

(5) Nach Festlegung der in Abs. 1 genannten Zonen hat der jeweils betroffene Landeshauptmann die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend regelmäßig, zumindest aber einmal pro Monat schriftlich, über die Seuchensituation und die auf Grund dieser Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 getroffenen Maßnahmen zu unterrichten.

Maßnahmen in Sperrzonen

§ 6. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat schnellstmöglich alle Betriebe zu erheben, in denen Tiere empfänglicher Arten gehalten werden und die Einhaltung der Maßnahmen der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 zu überwachen. In Sperrzonen, die nicht zum Impfgebiet erklärt wurden, sind Sentineltiere gemäß § 5 BTÜ-V, BGBl. II Nr. 158/2007, einzusetzen.

Impfgebiete

§ 7. Die Gebiete gemäß Anhang C werden ab dem dort genannten Datum zur Impfzone erklärt. In diesen Gebieten sind alle Tiere empfänglicher Arten, ausgenommen Zootiere, einer amtlichen Schutzimpfung gegen Bluetongue mit dem im Anhang C bezeichneten Impfstoff zu unterziehen. Die Impfung von Zootieren in diesen Gebieten ist zulässig.

Ausnahmen von Gebieten aus Sperrzonen

§ 8. Die Gebiete gemäß gemäß Anhang D werden ab dem dort genannten Datum von der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1266/2007 von einer Sperrzone ausgenommen. In diesen Gebieten sind weiterhin Sentineltiere gemäß § 5 BTÜ-V, BGBl. II Nr. 158/2007, einzusetzen und die Maßnahmen nach § 5 Abs. 5 weiterzuführen.

Entschädigungen und Strafbestimmungen

§ 9. (1) Auf Entschädigungen sind die Abschnitte VI und VII des TSG anzuwenden.

(2) Für Verstöße gegen die Bestimmungen dieser Verordnung gelten die Vorschriften des VIII. Abschnittes des TSG.

Umsetzung von EU-Bestimmungen

§ 10. Mit dieser Verordnung werden die Richtlinie 2000/75 in österreichisches Recht umgesetzt und die Rahmenbedingungen für die Durchführung der Verordnung 1266/2007 festgelegt.

Inkrafttreten

§ 11. (1) Diese Verordnung tritt mit 5. Mai 2008 in Kraft.

(2) Mit Ablauf des 4. Mai 2008 tritt die Bluetongue-Bekämpfungsverordnung, BTB-V, BGBl. II Nr. 515/2006, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 346/2007, außer Kraft.

Anhänge

Anhang A

Schutzzonen

Derzeit keine Zonen.

Anhang B

Kontrollzonen

Derzeit keine Zonen.

Anhang C

Amtliche Impfungen

Derzeit keine Impfgebiete.

Anhang D

Ausnahmen von Gebieten aus Sperrzonen

Die ausgenommenen Gebiete umfassen ab 5. Mai 2008:

In Tirol:

die Bezirke Imst, Landeck, Reutte, Innsbruck-Stadt, Innsbruck-Land und Schwaz, sowie im Bezirk Kufstein die Gemeinden Alpbach, Angath, Angerberg, Bad Häring, Brandenberg, Breitenbach am Inn, Brixlegg, Kirchbichl, Kramsach, Kundl, Langkampfen, Mariastein, Münster, Radfeld, Rattenberg, Reith im Alpbachtal, Thiersee, Wildschönau und Wörgl.

In Vorarlberg:

das gesamte Landesgebiet.

Kdolsky

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