33. Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz - HBeG) und mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel 1
Hausbetreuungsgesetz - HBeG
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für die Betreuung von Personen in deren Privathaushalten, wobei die Betreuung im Rahmen einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit erfolgen kann.
(2) Die Bestimmungen des zweiten Abschnittes dieses Bundesgesetzes gelten nur für Arbeitsverhältnisse
- 1. zwischen einer Betreuungskraft, die das 18. Lebensjahr vollendet hat, und
- a) der zu betreuenden Person oder einem/einer ihrer Angehörigen, oder
- b) einem/einer gemeinnützigen Anbieter/in sozialer und gesundheitlicher Dienste präventiver, betreuender oder rehabilitativer Art und
- 2. wenn die zu betreuende Person
- a) Anspruch auf Pflegegeld ab der Pflegestufe 3 gemäß dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, oder gemäß den Pflegegeldgesetzen der Bundesländer oder eine gleichartige Leistung im selben Ausmaß hat oder
- b) die zu betreuende Person Anspruch auf Pflegegeld der Pflegestufen 1 oder 2 gemäß dem BPGG oder gemäß den Pflegegeldgesetzen der Bundesländer oder eine gleichartige Leistung im selben Ausmaß hat und für diese Person wegen einer nachweislichen Demenzerkrankung dennoch ein ständiger Betreuungsbedarf besteht, und
- 3. wenn nach einer Arbeitsperiode von höchstens 14 Tagen eine ununterbrochene Freizeit von mindestens der gleichen Dauer gewährt wird, und
- 4. wenn die vereinbarte Arbeitszeit mindestens 48 Stunden pro Woche beträgt, und
- 5. wenn die Betreuungskraft für die Dauer der Arbeitsperiode in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person aufgenommen wird.
(3) Betreuung im Sinne dieses Bundesgesetzes umfasst
- 1. Tätigkeiten für die zu betreuende Person, die in der Hilfestellung insbesondere bei der Haushaltsführung und der Lebensführung bestehen, soweit diese Tätigkeiten nicht dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, unterliegen, sowie
- 2. sonstige auf Grund der Betreuungsbedürftigkeit notwendige Anwesenheiten.
Verweisungen
§ 2. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
2. Abschnitt
Arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen
Arbeitsverhältnisse zu Privathaushalten
§ 3. (1) Für Betreuungskräfte nach § 1 Abs. 2, die in einem Arbeitsverhältnis zu der zu betreuenden Person oder einem/einer ihrer Angehörigen stehen, ist das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG), BGBl. Nr. 235/1962, mit Ausnahme der §§ 5 und 6 Abs. 1 bis 3 anzuwenden.
(2) In zwei aufeinander folgenden Wochen darf die Arbeitszeit einschließlich der Zeiten von Arbeitsbereitschaft 128 Stunden nicht überschreiten. Allfällige über diese Höchstgrenze hinausgehende Zeiten der Arbeitsbereitschaft, die die Betreuungskraft vereinbarungsgemäß in ihrem Wohnraum oder in näherer häuslicher Umgebung verbringt und während der sie im Übrigen frei über ihre Zeit verfügen kann, gelten nicht als Arbeitszeit im Sinne dieses Bundesgesetzes.
(3) Die tägliche Arbeitszeit ist durch Ruhepausen von insgesamt mindestens drei Stunden zu unterbrechen, die auch frei von Arbeitsbereitschaft nach Abs. 2 bleiben müssen. Davon sind mindestens zwei Ruhepausen von 30 Minuten ununterbrochen zu gewähren.
(4) Darüber hinaus dürfen Arbeitnehmer/innen während jedes Zeitraumes von 24 Stunden insgesamt weitere zehn Stunden nicht in Anspruch genommen werden.
(5) Übertretungen der Abs. 2 bis 4 sind nach § 23 HGHAG zu bestrafen.
(6) Das Arbeitsverhältnis endet mit dem Tod der zu betreuenden Person auch dann, wenn ein/e Angehörige/r der zu betreuenden Person Arbeitgeber/in ist.
Arbeitsverhältnisse zu Trägerorganisationen
§ 4. (1) Für Betreuungskräfte nach § 1 Abs. 2, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem/r gemeinnützigen Anbieter/in sozialer und gesundheitlicher Dienste präventiver, betreuender oder rehabilitativer Art stehen, gilt an Stelle des Arbeitszeitgesetzes (AZG), BGBl. Nr. 461/1969, und des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. Nr. 144/1983, § 3 Abs. 2 bis 4 dieses Bundesgesetzes.
(2) Abweichend von Abs. 1
- 1. sind § 19c, § 19d und § 26 AZG anzuwenden,
- 2. sind Übertretungen des § 3 Abs. 2 bis 4 nach § 28 Abs. 1 AZG zu bestrafen.
3. Abschnitt
Qualitätssicherung in der Betreuung
Handlungsleitlinien
§ 5. (1) Die selbständig tätige Betreuungskraft ist verpflichtet, entsprechend der getroffenen Vereinbarung über Handlungsleitlinien für den Alltag und Notfall (§ 160 Abs. 2 Z 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194) vorzugehen.
(2) Die in einem Arbeitsverhältnis tätige Betreuungskraft ist gegenüber dem/der Arbeitgeber/in verpflichtet, die ihr vorgegebenen Handlungsleitlinien für den Alltag und den Notfall, insbesondere über die Verständigung bzw. Beiziehung von Angehörigen, Ärzten oder Einrichtungen, die mobile Dienste anbieten, bei erkennbarer Verschlechterung des Zustandsbildes, einzuhalten.
Zusammenarbeit
§ 6. Die Betreuungskraft ist verpflichtet, mit anderen in die Pflege und Betreuung involvierten Personen und Einrichtungen zum Wohle der zu betreuenden Person zusammenzuarbeiten. Für eine in einem Arbeitsverhältnis tätige Betreuungskraft ist diese Verpflichtung eine aus dem Arbeitsverhältnis.
Verschwiegenheit
§ 7. Die Betreuungskraft ist zur Verschwiegenheit über alle ihr in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen oder anvertrauten Angelegenheiten verpflichtet, soweit sie nicht davon befreit wurde oder sich nicht eine Auskunftsverpflichtung aus gesetzlichen Bestimmungen ergibt. Für eine in einem Arbeitsverhältnis tätige Betreuungskraft ist diese Verschwiegenheitsverpflichtung eine aus dem Arbeitsverhältnis.
4. Abschnitt
In-Kraft-Treten und Vollziehung
§ 8. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 2007 in Kraft. Auf Arbeitsverhältnisse, deren vertraglich vereinbarter Beginn vor dem 1. Juli 2007 liegt, ist dieses Bundesgesetz nur dann anzuwenden, wenn dies schriftlich vereinbart wird.
(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der/die Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit betraut.
Artikel 2
Änderung der Gewerbeordnung 1994
Die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 161/2006, wird wie folgt geändert:
1. Die §§ 159 und 160 lauten samt Überschriften:
„Personenbetreuung
§ 159. Gewerbetreibende, die das Gewerbe der Personenbetreuung ausüben, sind berechtigt, betreuungsbedürftige Personen zu unterstützen. Dies umfasst insbesondere folgende Tätigkeiten:
- 1. Haushaltsnahe Dienstleistungen insbesondere:
- a) Zubereitung von Mahlzeiten
- b) Vornahme von Besorgungen
- c) Reinigungstätigkeiten
- d) Durchführung von Hausarbeiten
- e) Durchführung von Botengängen
- f) Sorgetragung für ein gesundes Raumklima
- g) Betreuung von Pflanzen und Tieren
- h) Wäscheversorgung (Waschen, Bügeln, Ausbessern)
- 2. Unterstützung bei der Lebensführung insbesondere:
- a) Gestaltung des Tagesablaufs
- b) Hilfestellung bei alltäglichen Verrichtungen
- 3. Gesellschafterfunktion insbesondere:
- a) Gesellschaft leisten
- b) Führen von Konversation
- c) Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Kontakte
- d) Begleitung bei diversen Aktivitäten
- 4. Führung des Haushaltsbuches mit Aufzeichnungen über für die betreute Person getätigte Ausgaben
- 5. praktische Vorbereitung der betreuungsbedürftigen Person auf einen Ortswechsel
- 6. Organisation von Personenbetreuung.
Qualitätssicherung für die Personenbetreuung
§ 160. (1) Die im § 159 genannten Gewerbetreibenden sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Gewerbes anvertrauten oder bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Diese Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, wenn und insoweit die betreuungsbedürftige Person oder deren gesetzlicher Vertreter ausdrücklich von dieser Pflicht entbindet. Inwieweit die Gewerbetreibenden von der Verpflichtung zur Ablegung eines Zeugnisses zur Einsichtsgewährung in Geschäftspapiere oder zur Erteilung von Auskünften über ihnen in Ausübung ihres Berufes bekannt gewordenen Angelegenheiten in gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren befreit sind, richtet sich nach den bezüglichen Rechtsvorschriften. Die vorstehend angeführten Bestimmungen gelten sinngemäß auch für die Arbeitnehmer der Gewerbetreibenden.
(2) Die im § 159 genannten Gewerbetreibenden haben
- 1. mit der betreuungsbedürftigen Person oder deren gesetzlichem Vertreter eine Vereinbarung betreffend Handlungsleitlinien für den Alltag und den Notfall abzuschließen, insbesondere über die Verständigung bzw. Beiziehung von Angehörigen, Ärzten oder Einrichtungen, die mobile Dienste anbieten, im Falle erkennbarer Verschlechterung des Zustandsbildes und
- 2. das Haushaltsbuch zu führen und samt der Belegsammlung über einen Zeitraum von zwei Jahren aufzubewahren.“
2. Im § 367 wird in der Z 49 nach dem Zitat „§ 155 Abs. 2“ das Zitat „oder § 160 Abs. 1“ angefügt.
3. Dem § 382 wird folgender Abs. 32 angefügt:
„(32) § 159 und § 160 treten mit 1. Juli 2007 in Kraft.“
Fischer
Gusenbauer
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