152. Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden (Sozialbetrugsgesetz-SozBeG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
Artikel I
Änderungen des Strafgesetzbuches
Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird wie folgt geändert:
1. Im § 88 Abs. 2 Z 2 werden das Wort „Arzt“ durch die Worte „Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes“ und die Worte „der Heilkunde“ durch die Worte „seines Berufes“ ersetzt.
2. Im § 121 Abs. 1 werden die Worte „der Heilkunde, der Krankenpflege, der Geburtshilfe, der Arzneimittelkunde oder Vornahme medizinisch-technischer Untersuchungen“ durch die Worte „eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes“ ersetzt.
3. Nach dem § 153b werden folgende §§153c bis 153e samt Überschriften eingefügt:
„Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung
§ 153c. (1) Wer als Dienstgeber Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Trifft die Pflicht zur Einzahlung der Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung eine juristische Person oder eine Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so ist Abs. 1 auf alle natürlichen Personen anzuwenden, die dem zur Vertretung befugten Organ angehören. Dieses Organ ist berechtigt, die Verantwortung für die Einzahlung dieser Beiträge einzelnen oder mehreren Organmitgliedern aufzuerlegen; ist dies der Fall, findet Abs. 1 nur auf sie Anwendung.
(3) Der Täter ist nicht zu bestrafen, wenn er bis zum Schluss der Verhandlung
- 1. die ausstehenden Beiträge zur Gänze einzahlt oder
- 2. sich dem berechtigten Sozialversicherungsträger gegenüber vertraglich zur Nachentrichtung der ausstehenden Beiträge binnen einer bestimmten Zeit verpflichtet.
(4) Die Strafbarkeit lebt wieder auf, wenn der Täter seine nach Abs. 3 Z 2 eingegangene Verpflichtung nicht einhält.“
Betrügerisches Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz
§ 153d. (1) Wer als Dienstgeber Beiträge zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger oder Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse betrügerisch vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Betrügerisch handelt, wer schon die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse mit dem Vorsatz vorgenommen hat, keine ausreichenden Beiträge oder Zuschläge zu leisten.
(2) Wer Beiträge oder Zuschläge in einem 50 000 Euro übersteigenden Ausmaß vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(3) Nach Abs. 1 und 2 ist gleich einem Dienstgeber zu bestrafen, wer die Tat als leitender Angestellter (§ 309) einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, oder zwar ohne Einverständnis mit dem Dienstgeber, aber als dessen leitender Angestellter (§ 309) begeht.
Organisierte Schwarzarbeit
§ 153e. (1) Wer gewerbsmäßig
- 1. Personen zur selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung oder ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung anwirbt, vermittelt oder überlässt,
- 2. eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen (Z 1) beschäftigt oder mit der selbstständigen Durchführung von Arbeiten beauftragt oder
- 3. in einer Verbindung einer größeren Zahl illegal erwerbstätiger Personen (Z 1) führend tätig ist,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Nach Abs. 1 ist auch zu bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen als leitender Angestellter (§ 309 StGB) einer juristischen Person oder einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit begeht.
4. Im § 167 Abs. 1 StGB wird vor dem Wort „Wuchers“ die Wendung „betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz,“ eingefügt.
Artikel II
Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2004 wird wie folgt geändert:
1. § 33 Abs. 1 lautet:
„(1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Arbeitsantritt, spätestens jedoch bis 24.00 Uhr des ersten Beschäftigungstages beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.“
1a. Nach § 33 Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:
„(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
- 1) innerhalb der Frist nach Abs. 1 die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
- 2) die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).“
1b. § 41 Abs. 2 wird aufgehoben.
1c. Im § 41 Abs. 4 wird der Punkt am Ende der Z 2 durch einen Strichpunkt ersetzt; folgende Z 3 wird angefügt:
- „3. für die Mindestangaben-Anmeldung nach § 33 Abs. 1a Z 1 auch die telefonische Meldung vorzusehen.“
1d. Im § 41 Abs. 5 erster Satz wird dem Ausdruck „An(Ab)meldung“ der Ausdruck „vollständigen“ vorangestellt.
2. § 114 wird aufgehoben.
3. Nach § 621 wird folgender § 622 samt Überschrift angefügt:
„Schlussbestimmungen zu Art. II des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004
§ 622. (1) Die §§ 33 Abs. 1 und 1a sowie 41 Abs. 4 Z 2 und 3 sowie Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 152/2004 und die Aufhebung des § 41 Abs. 2 treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung feststellt, dass die zur Erfüllung der Anmeldeverpflichtung nach § 33 Abs. 1a Z 1 erforderlichen technischen Mittel zur Verfügung stehen.
(2) § 114 tritt mit Ablauf des 28. Februar 2005 außer Kraft.“
Artikel III
Ermittlungsbefugnisse der Finanzstrafbehörden, Zollämter und ihrer Organe zur Verfolgung des Sozialbetruges
(1) Die Gerichte und die Staatsanwaltschaften können bei der Verfolgung strafbarer Handlungen nach den §§ 153c bis 153e StGB die Hilfe der Finanzstrafbehörden, der Zollämter und ihrer Organe in Anspruch nehmen. Der Hilfe der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe dürfen sich die Gerichte und Staatsanwaltschaften nur bedienen, wenn die Finanzstrafbehörden, die Zollämter oder ihre Organe nicht rechtzeitig zu erreichen sind; sie können sich aber der Sicherheitsbehörden und ihrer Organe stets bedienen, wenn der aufzuklärende Sozialbetrug zugleich auch den Tatbestand einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, die kein Finanzvergehen ist.
(2) Die im Abs. 1 genannten Behörden und Organe der Bundesfinanzverwaltung haben eine Tätigkeit zur Aufklärung der in Abs. 1 erwähnten strafbaren Handlungen nur so weit zu entfalten, als das Gericht oder die Staatsanwaltschaft darum ersucht oder soweit im Rahmen einer Prüfung gemäß §§ 86, 89 EStG auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, der Verdächtige habe eine solche strafbare Handlung begangen. In diesem Umfang gelten die Bestimmungen des § 197 Abs. 3 bis 5 FinStrG sinngemäß.
Artikel IV
Änderungen der Konkursordnung
Die Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2003, wird wie folgt geändert:
1. In § 77a Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 6 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 7 angefügt:
- „7. die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkurses gemäß § 63."
2. Nach § 174 wird folgender § 174a samt Überschrift eingefügt:
„Zustellung bei unbekanntem Aufenthalt
§ 174a. (1) Ist die Feststellung einer Abgabestelle nicht möglich, so kann die Zustellung an einen im Firmenbuch eingetragenen Rechtsträger und dessen Organe ohne Bestellung eines Kurators durch Aufnahme in die Ediktsdatei erfolgen (§ 115 ZPO). Auch alle weiteren Zustellungen können durch Aufnahme in die Ediktsdatei erfolgen. Hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
(2) Ist der Beschluss in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt zu machen (§ 173a), so kann die zusätzliche Aufnahme in die Ediktsdatei entfallen. In der Ediktsdatei ist auf die Bekanntmachung in der Insolvenzdatei hinzuweisen.
(3) Werden Daten eines Verfahrens in die Insolvenzdatei aufgenommen, so sind die nach Abs. 1 in die Ediktsdatei aufgenommenen Daten zu löschen, sobald die Einsicht in die Insolvenzdatei nicht mehr zu gewähren ist (§ 14 IEG); sonst nach einem Jahr nach deren Eintragung.“
Artikel V
In-Kraft-Treten
Die Artikel I und III treten mit 1. März 2005, Artikel IV tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.
Artikel VI
Übergangsbestimmung
Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht anzuwenden, in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung, Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruches ist jedoch im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen.
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