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BGBl II 526/2004

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

526. Verordnung: Kosten- und Leistungsrechnungverordnung - KLR-V

526. Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Durchführung der Kosten- und Leistungsrechnung (Kosten- und Leistungsrechnungverordnung - KLR-V)

Auf Grund des § 89 des Bundesgesetzes vom 4. April 1986 über die Führung des Bundeshaushaltes (Bundeshaushaltsgesetz - BHG), BGBl. Nr. 213/1986, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird im Einvernehmen mit dem Rechnungshof verordnet:

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Diese Verordnung regelt die Ausgestaltung der Kosten- und Leistungsrechnung für Organe des Bundes, die an der Führung des Bundeshaushaltes beteiligt sind, direkt an die automationsunterstützte Haushaltsführung des Bundes angeschlossen sind und eine Kosten- und Leistungsrechnung im Sinne des § 82 BHG zu führen haben.

§ 2. (1) Die Organe haben im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung ein Rechnungssystem mit folgenden Bestandteilen zu führen:

  1. 1. Kostenartenrechnung,
  1. 2. Kostenstellenrechnung,
  1. 3. Leistungsrechnung.

(2) Die Organe haben bei der Führung der Kosten- und Leistungsrechnung folgende Grundsätze zu beachten:

  1. 1. Die Kosten- und Leistungsrechnung hat zumindest die Qualität einer Vollkostenrechnung aufzuweisen.
  1. 2. Die Erfassung und Verrechnung der Kosten und Erlöse hat auf der Grundlage von Belegen zu erfolgen. Mangels Beleg ist eine Dokumentation durchzuführen.
  1. 3. Abrechnungsperiode ist grundsätzlich das Kalenderjahr. Zur Erhöhung des Informationsgehalts können auch davon abweichende Perioden eingerichtet werden. Abweichende Abrechnungsperioden müssen durch volle Kalendermonate teilbar sein.
  1. 4. Kosten sind nur einmal zu erfassen. Die Kostenzuordnung hat möglichst verursachungsgerecht zu erfolgen; wo dies nicht oder nur mit erheblichem Aufwand möglich ist, hat eine schlüsselmäßige Verrechnung zu erfolgen.
  1. 5. Die Kosten- und Leistungsrechnung hat unter ständiger Abwägung einerseits den für ihre Aussagekraft benötigten Vollständigkeits-, Genauigkeits- und Aktualitätsgrad aufzuweisen und andererseits unter geringstmöglichem Mitteleinsatz zu erfolgen.
  1. 6. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist Bestandteil der Bundeshaushaltsverrechnung.

2. Abschnitt

Kostenartenrechnung

§ 3. (1) In der Kostenartenrechnung ist zu dokumentieren, welche Kosten, nach Arten differenziert, in welcher Höhe innerhalb einer Abrechnungsperiode angefallen sind.

(2) Als Kosten sind der in Geld bewertete Ge- oder Verbrauch von Wirtschaftsgütern oder Dienstleistungen anzusetzen, der für die Erstellung, Erbringung und Verwertung von öffentlichen Leistungen sowie zur Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft innerhalb einer Periode angefallen sind. Bei Erlösen handelt es sich um die abgegrenzten Erträge aus der Bereitstellung öffentlicher Leistungen.

(3) Die im Rahmen der Haushaltsführung erfassten Aufwendungen sind in Kosten, die Erträge in Erlöse überzuleiten. Müssen zeitliche, sachliche oder wertmäßige Abgrenzungen vorgenommen werden, so sind gegebenenfalls kalkulatorische Größen anzusetzen.

§ 4. (1) Die Kostenarten sind vollständig und eindeutig folgenden Kostenartengruppen zuzuordnen:

  1. 1. Primäre Kosten:
    1. a) Personalkosten:
      1. aa) Nicht disponible Personalkosten
      1. bb) Disponible Personalkosten
      1. cc) Kalkulatorische Personalkosten
    1. b) Betriebskosten:
      1. aa) Materialkosten
      1. bb) Instandhaltungskosten
      1. cc) Kommunikationskosten
      1. dd) Mietkosten
      1. ee) Reisekosten und sonstige Aufwandsentschädigungen
      1. ff) Fremdleistungskosten
      1. gg) Sonstige Kosten
      1. hh) Kalkulatorische Betriebskosten
    1. c) Erlöse:
      1. aa) Tatsächliche Erlöse
      1. bb) Kalkulatorische Erlöse
  1. 2. Sekundäre Kosten
  1. 3. Neutrale Kosten:
    1. a) Nominalkosten
    1. b) Sonstige neutrale Kosten

(2) Bei Bedarf können die in Abs. 1 angegebenen Kostenartengruppen untergliedert werden.

(3) Primäre Kostenarten umfassen Kosten und Erlöse, die ihren Ursprung außerhalb der Kostenrechnung haben, sowie kalkulatorische Kosten und Erlöse.

(4) Sekundäre Kostenarten dienen zur Abbildung interner Wertflüsse.

(5) Als neutrale Kosten sind Aufwende anzusehen, die nicht im Zusammenhang mit der Leistungserbringung und -erstellung stehen oder durch kalkulatorische Kosten ersetzt werden.

§ 5. (1) Zu den kalkulatorischen Kosten zählen die kalkulatorischen Personalkosten, die kalkulatorische Abschreibung, die kalkulatorische Miete, die kalkulatorischen Kosten anderer Dienststellen und kalkulatorische Wagnisse. Kalkulatorische Zinsen dürfen in der laufenden Kosten- und Leistungsrechnung nicht angesetzt werden, sie dürfen aber für Entscheidungsrechnungen berücksichtigt werden.

(2) Bei der kalkulatorischen Abschreibung sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des eingesetzten Vermögensgegenstandes linear auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Werden Betriebsmittel über die ursprünglich angenommene Abschreibungsdauer hinaus eingesetzt, so sind bis zum Ausscheiden 50% der Letztabschreibung anzusetzen.

(3) Für Bundesgebäude, für die keine marktüblichen Mietkosten anfallen, sind kalkulatorische Mieten anzusetzen. Die Mietsätze werden vom Bundesminister für Finanzen verlautbart.

(4) Bei Leistungsverflechtungen, die im Budget üblicherweise nicht abgebildet werden, dürfen kalkulatorische Größen angesetzt werden, wenn die kalkulatorischen Erlöse des leistungserbringenden Organs durch korrespondierende kalkulatorische Kosten beim leistungsempfangenden Organ ausgeglichen werden.

3. Abschnitt

Kostenstellenrechnung

§ 6. (1) Kostenstellen sind nach organisatorischen, funktionellen, räumlichen und abrechnungstechnischen Gesichtspunkten zu bilden.

(2) Die Kostenstellen sind hierarchisch und an der Aufbauorganisation orientiert zu gliedern (Standardhierarchie). Zusätzlich können weitere Kostenstellenhierarchien und Kostenstellengruppen verwendet werden.

§ 7. (1) Um die Ergebnisse der Bundesministerien vergleichbar zu machen sind die kostenmäßigen Verrechnungen zwischen den Kostenstellen bundeseinheitlich nach einem Standardmodell zu gestalten. Haushaltsleitende Organe gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 BHG haben streng nach dem Standardmodell zu verrechnen. Nicht unter § 5 Abs. 1 Z 3 BHG fallenden Organen kann vom zuständigen haushaltsleitenden Organ eine vom Standardmodell abweichende Verrechnungssystematik aufgetragen werden. Dabei ist auf die Konsolidierbarkeit der Ergebnisse zu achten.

(2) Das Standardmodell gliedert sich in folgende fünf Ebenen:

Die Organe können die unterschiedlichen Ebenen weiter differenzieren. Die im Standardmodell vorgegebene Verrechnungssystematik ist unabhängig von der Standardhierarchie der Kostenstellen (§ 6 Abs. 2).

(3) Kosten vorgelagerter Kostenstellen sind entweder auf Kostenstellen nachgeordneter Ebenen oder auf externe Leistungen zu verrechnen. Eine Verrechnung von nachgelagerten Kostenstellen und Leistungen auf vorgelagerte Kostenstellen, sowie eine gegenseitige Leistungsverrechnung zwischen zwei Kostenstellen ist nicht zulässig. Innerhalb einer Ebene sind bei Bedarf mehrstufige Verrechnungen zulässig.

(4) Jede Kostenstelle kann sowohl interne als auch externe Leistungen erbringen.

(5) Die Verrechnung der internen Leistungen erfolgt anhand der im Anhang definierten Schlüsselgrößen. Die Organe können alternative Schlüsselgrößen verwenden, wenn diese zu einer größeren oder vergleichbaren Abrechnungsgenauigkeit führen.

4. Abschnitt

Leistungsrechnung

§ 8. Die Leistungsrechnung bildet eine Grundlage für die Errechnung von Leistungskennzahlen mit deren Hilfe eine betriebswirtschaftliche Steuerung der Organe unterstützt wird. Im Rahmen der Leistungsrechnung sind folgende Aufgaben durchzuführen:

  1. 1. Festlegung und Beschreibung der von einem Organ erbrachten Leistung.
  1. 2. Erfassung der Leistungsmenge durch Mengen- oder Leistungszeitmessung oder Schätzung für den Zweck der Kalkulation der Leistung.
  1. 3. Kalkulation der Leistung.

Leistungsdefinition

§ 9. (1) Eine Leistung ist das Ergebnis eines abgeschlossenen Arbeitsprozesses, der aus einer Reihe von sachlich zusammengehörigen Arbeitsschritten besteht. Für jede Leistung muss eine öffentliche Auftragsgrundlage existieren. Leistungen können sich auch aus Teilleistungen zusammensetzen. Leistungen sind so zu definieren, dass steuerungsrelevante Kennzahlen gebildet werden können.

(2) Leistungen werden entweder als intern oder extern klassifiziert, je nachdem ob sie an Abnehmer (Empfänger, Nutzer) innerhalb oder außerhalb des Organs erbracht werden. Die internen Leistungen stellen Vorleistungen für die externen Leistungen dar. Die internen Leistungen sind taxativ im Anhang aufgezählt.

(3) Die Organe haben die internen und externen Leistungen in Form von hierarchisch gegliederten Leistungskatalogen zu dokumentieren. Der Katalog der externen Leistungen ist in Politikfelder, Geschäftsfelder, Leistungsgruppen und Leistungen zu gliedern.

Leistungserfassung

§ 10. (1) Die internen und externen Leistungen sind von den Organen mengen- oder zeitmäßig zu erfassen. Unter der mengenmäßigen Erfassung versteht man die Erhebung der Leistungsmenge in zählbaren Einheiten.

(2) Die Ermittlung der Leistungszeit erfolgt entweder durch Zeitaufzeichnung oder zumindest durch prozentuelle Schätzung der Verteilung der Leistungszeit auf die einzelnen Leistungen. Es ist nach Mitarbeiterkategorien zu unterscheiden. Die Anwesenheitszeit der Mitarbeiter setzt sich aus Zeiten, die den Leistungen direkt zuordenbar sind, und Zeiten, die den Leistungen nicht direkt zuordenbar sind, zusammen. Letztere müssen nicht gesondert ausgewiesen werden, sondern können anteilig auf die direkt zurechenbaren Leistungszeiten aufgeschlagen werden.

(3) Bei einer regelmäßigen Wochendienstzeit von 40 Stunden ist als Basis für die Ermittlung der Leistungszeiten aus den Prozentschätzungen grundsätzlich von einem Planwert von 1680 Stunden je Vollbeschäftigtenäquivalent auszugehen. Werden laufende Stundenaufzeichnungen geführt, können die geleisteten Ist-Stunden je Mitarbeiterkategorie verrechnet werden.

(4) Die Verbuchung der aufgezeichneten oder geschätzten Leistungsstunden erfolgt monatsbezogen. Zeitschätzungen werden auch in Abwesenheitsmonaten vorgenommen. Diese Schätzungen basieren entweder auf einer Extrapolation der Vorperioden oder auf Erfahrungswerten. Die Werte sollen möglichst das Jahresmittel darstellen.

(5) Die auf den Kostenstellen gesammelten nicht disponiblen Personalkosten und kalkulatorischen Personalkosten werden je Mitarbeiterkategorie in Form von Tarifen (Normkosten) auf die Leistungen verrechnet. Die Tarife je Mitarbeiterkategorie sind vom Bundesminister für Finanzen zu verlautbaren.

Leistungskalkulation

§ 11. Unabhängig davon ob es sich um interne oder externe Leistungen handelt sind die Leistungen nach dem gleichen Kalkulationsverfahren kostenmäßig zu bewerten. Direkt zuordenbare Kosten sind direkt zu verrechnen. Bei nicht direkt zuordenbaren Kosten sind folgende Verrechnungsschritte durchzuführen:

  1. 1. Verrechnung der nicht disponiblen und der kalkulatorischen Personalkosten der Kostenstelle mittels Tarifen und Mengen auf Grundlage der geschätzten oder aufgezeichneten Leistungszeiten je Mitarbeiterkategorie.
  1. 2. Verrechnung der disponiblen Personalkosten der Kostenstelle als Ist-Kosten im gleichen Verhältnis wie die bereits mittels Tarif verrechneten Personalkosten oder auf Basis genauerer Aufzeichnung.
  1. 3. Verrechnung der Betriebskosten und sekundären Kosten der Kostenstelle als Ist-Kosten im Verhältnis zu den Leistungszeiten.
  1. 4. Nach Anforderung ist die Differenz zwischen den mittels Tarifen verrechneten Personalkostenanteilen und den tatsächlich angefallenen Personalkosten der Kostenstelle im Verhältnis zu den bereits mittels Tarif verrechneten Personalkosten nachzuverrechnen.

5. Abschnitt

Organisation

§ 12. (1) Der Bundesminister für Finanzen überwacht gemeinsam mit dem Rechnungshof die einheitliche Ausgestaltung der Kosten- und Leistungsrechnung.

(2) Die Organe haben die für die Durchführung der Kosten- und Leistungsrechnung erforderlichen Daten zu erfassen und im Rahmen der automationsunterstützten Bundeshaushaltsverrechnung zu verarbeiten.

(3) Die Ergebnisse der Kosten- und Leistungsrechnung sind für die mit dem Budget-, Personal- und Leistungscontrolling des Bundes befassten Organe (§§ 15a und 82 BHG) auszuwerten und - soweit erforderlich - zu erläutern.

§ 13. (1) Haushaltsleitende Organe gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 BHG haben dem Bundesminister für Finanzen vor der Betriebsaufnahme des Rechnungssystems ein Kosten- und Leistungsrechnungshandbuch vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen gibt das Handbuch im Einvernehmen mit dem Rechnungshof frei.

(2) Das Kosten- und Leistungsrechnungshandbuch dient einerseits der Dokumentation der verordnungskonformen Ausgestaltung der Kosten- und Leistungsrechnung und stellt andererseits die Handlungsanleitung für den operativen Betrieb dar. Das Kosten- und Leistungsrechnungshandbuch hat zumindest folgende Inhalte zu umfassen:

  1. 1. Festlegung der Ziele der Kosten- und Leistungsrechnung im Ressort.
  1. 2. Organisation der Kosten- und Leistungsrechnung, Festlegung der Aufgaben, Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten.
  1. 3. Stammdatenlisten inklusive der hierarchischen Struktur der Kostenstellen und Kostenträger.
  1. 4. Leistungskatalog, Beschreibung der externen Leistungen
  1. 5. Leistungsbeziehungen, Verrechnungsbeziehungen, Reihenfolge der Verrechnung, Abschlussarbeiten, Berichtswesen, Formulare.
  1. 6. Konformitätsbestätigung mit dieser Verordnung.

In-Kraft-Treten

§ 14. Diese Verordnung tritt am Tag nach der Kundmachung in Kraft und ist erstmals für die Kosten- und Leistungsrechnung des Jahres 2005 anzuwenden.

Grasser

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