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BGBl I 164/1999

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden

Artikel 1
Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG

Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 158/1998, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 17 wird folgender § 17a samt Überschrift eingefügt:

„Blinde und hochgradig sehbehinderte Beteiligte

§ 17a

§ 17a.

Blinden oder hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters entbehren, hat die Behörde auf Verlangen den Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

2. § 40 Abs 1 lautet:

Abs. 1

Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint. Bei der Auswahl des Verhandlungsortes ist, sofern die mündliche Verhandlung nicht mit einem Augenschein verbunden ist, darauf zu achten, dass dieser für körperbehinderte Beteiligte gefahrlos und tunlichst ohne fremde Hilfe zugänglich ist.“

3. § 76 Abs 1 lautet:

Abs. 1

Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.“

4. § 76 Abs 5 lautet:

Abs. 5

Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind - falls hiefür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.“

Artikel 4
Änderung der Bundesabgabenordnung - BAO

Die Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 106/1999, wird wie folgt geändert:

In § 90 Abs 1 wird folgender Satz angefügt:

„Blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien, die nicht durch Vertreter (§§ 80 ff) vertreten sind, ist auf Verlangen der Inhalt von Akten und Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

Artikel 5
Änderung des Finanzstrafgesetzes

Das Finanzstrafgesetz, BGBl Nr 129/1958, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 55/1999, wird wie folgt geändert:

1. Im § 79 Abs 1 wird folgender Satz angefügt:

„Sind Beschuldigte oder Nebenbeteiligte blind oder hochgradig sehbehindert und nicht durch Verteidiger oder Bevollmächtigte vertreten, so hat ihnen die Finanzstrafbehörde auf Verlangen den Inhalt der Akten oder Aktenteile durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

2. § 84 Abs 3 lautet:

Abs. 3

Der Vernehmung ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert ist.“

3. Im § 117 Abs 2 und im § 126 tritt jeweils an die Stelle des Wortes „Gebrechlichkeit“ das Wort „Behinderung“.

4. Im § 127 Abs 1 lautet der zweite Satz:

„Der mündlichen Verhandlung ist ein Schriftführer und, wenn der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert ist, ein Dolmetscher beizuziehen.“

5. Im § 185 Abs 1 lautet der letzte Satz:

„Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn die Beiziehung notwendig war, weil der Beschuldigte der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.“

6. Im § 185 Abs 2 wird folgender letzter Satz angefügt:

„Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn die Beiziehung notwendig war, weil der Nebenbeteiligte der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.“

Artikel 6
Änderung der Abgabenexekutionsordnung - AbgEO

Die Abgabenexekutionsordnung - AbgEO, BGBl Nr 104/1949, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl Nr 694/1993, wird wie folgt geändert:

1. § 25 erhält die Bezeichnung (1).

2. Als Abs 2 wird eingefügt:

Abs. 2

Ist der Abgabenschuldner blind oder hochgradig sehbehindert und nicht vertreten (§§ 80 ff BAO), so ist ihm auf Verlangen der Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

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