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Artikel 11 Abkommen über eine umfassende Partnerschaft für Migration und Mobilität (Indien)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.9.2023

Teil 4

Zusammenarbeit bei der Rückführung von ausreisepflichtigen Personen und bei der Bekämpfung von irregulärer Migration, Menschenhandel und Dokumentenfälschung

Artikel 11

Rückführung von ausreisepflichtigen Personen

(1) Beide Vertragsparteien akzeptieren die Rückführung ihrer Staatsangehörigen, die die Voraussetzungen für die rechtmäßige Einreise in das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei oder den rechtmäßigen Aufenthalt in diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen und kommen überein, die in solchen Fällen durchzuführenden Verfahren zu vereinfachen. Die Vertragsparteien erkennen an, dass diejenigen, die sich rechtmäßig in ihrem Land aufhalten, nicht in den Anwendungsbereich dieses Artikels fallen und dass die Bestimmungen dieses Artikels nur für diejenigen Staatsangehörigen gelten, die sich in einem der beiden Länder aufhalten und im Falle Österreichs gegen die geltenden nationalen Einwanderungs- oder Aufenthaltsgesetze und die entsprechenden Gesetze der Europäischen Union sowie im Falle Indiens gegen die nationalen Einwanderungs- oder Aufenthaltsgesetze verstoßen.

Personen, die sich irregulär im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei aufhalten und deren Staatsangehörigkeit von der ersuchten Vertragspartei abschließend verifiziert wurde, werden von der ersuchenden Vertragspartei unverzüglich gemäß den im nationalen und internationalen Recht festgelegten Verfahren zurückgeführt, dies unabhängig vom Willen der zurückzuführenden Personen und gemäß den zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Modalitäten, wobei sowohl Linien- als auch Charterflüge eingesetzt werden. Eine Zwangsrückführung wird erst durchgeführt, nachdem die Staatsangehörigkeit von der ersuchten Vertragspartei abschließend verifiziert wurde. Die Vertragsparteien wenden zu diesem Zweck die in den Absätzen 3, 4 und 5 dieses Artikels genannten Verfahren an. Der Nachweis der Staatsangehörigkeit kann nicht durch gefälschte Dokumente erbracht werden.

(2) Beide Vertragsparteien erkennen an, dass kurze Fristen für die rechtliche Situation einer Person, die sich irregulär im Gebiet einer Vertragspartei aufhält, zweckmäßig sind und sowohl bei der Beantwortung des Rückübernahmeersuchens als auch für die Ausstellung des Ersatzreisedokuments bzw. des konsularischen Laissez-Passer einzuhalten sind.

(3) Zur Überprüfung der Staatsangehörigkeit einer rückzuführenden Person, die sich irregulär im Gebiet einer der beiden Vertragsparteien aufhält, übermittelt die ersuchende Vertragspartei ein Rückübernahmeersuchen sowie eine Kopie des Reisepasses der Person oder eine Kopie des abgelaufenen Reisepasses der Person und gegebenenfalls eines der in Anhang 1 angeführten Dokumente, welche vorbehaltlich ihrer Überprüfung durch die ersuchte Vertragspartei als Grundlage für den Nachweis der Staatsangehörigkeit dienen können. In solchen Fällen bemüht sich die ersuchte Vertragspartei nach besten Kräften, soweit möglich innerhalb von 30 Tagen, längstens jedoch innerhalb von 45 Tagen nach Eingang des Ersuchens mitzuteilen, ob die Staatsangehörigkeit der Person zufriedenstellend abschließend nachgewiesen wurde.

(4) Liegt keines der in Anhang 1 angeführten Dokumente vor, so können zwei der in Anhang 2 aufgeführten Dokumente als Grundlage dafür dienen, dass die ersuchte Vertragspartei die Staatsangehörigkeit einer Person, die sich irregulär in ihrem Hoheitsgebiet aufhält, als diejenige des betreffenden Landes anerkennt, selbst wenn die Gültigkeit dieser Dokumente abgelaufen ist. Werden zwei dieser Dokumente zusammen mit dem Rückübernahmeersuchen vorgelegt, so bemüht sich die ersuchte Vertragspartei nach besten Kräften, die Staatsangehörigkeit der Person, die sich irregulär im Gebiet der anderen Vertragspartei aufhält, soweit möglich innerhalb von 60 Tagen, längstens jedoch innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des Ersuchens festzustellen.

(5) In Fällen, in denen die Absätze 3 und 4 nicht anwendbar sind und davon ausgegangen wird, dass eine Person, die sich irregulär im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei aufhält, Staatsangehöriger der ersuchten Vertragspartei ist, wendet sich die ersuchende Vertragspartei an die ersuchte Vertragspartei, damit die Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die mögliche Ausstellung eines Ersatzreisedokuments bzw. konsularischen Laissez-Passer durch die ersuchte Vertragspartei nachgewiesen werden kann. Zu diesem Zweck wird die Person unverzüglich von der jeweiligen diplomatischen oder konsularischen Vertretung der ersuchten Vertragspartei befragt, um die Überprüfung der Staatsangehörigkeit zu erleichtern. Sind physische Zusammentreffen nicht möglich oder von den Gesundheitsbehörden nicht gestattet, so können die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen der betreffenden Vertragsparteien diese Befragungen im gegenseitigen Einvernehmen mit sicheren elektronischen Mitteln durchführen.

(6) Hat die ersuchte Vertragspartei dem Rückübernahmeersuchen zugestimmt und verfügt die rückzuübernehmende Person nicht über ein gültiges Reisedokument, so stellt die zuständige diplomatische Vertretung der ersuchten Vertragspartei auf Ersuchen innerhalb von sieben Kalendertagen ein Ersatzreisedokument bzw. einen konsularischen Laissez-Passer mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens sechs Monaten aus. In Fällen in denen die betroffene Person nicht kooperiert, legt die ersuchende Vertragspartei das von der zuständigen Behörde unterzeichnete Ersuchen zusammen mit einer Erklärung vor, wonach für den Aufenthalt der Person im Land der ersuchenden Vertragspartei keine Rechtsgrundlage besteht und dass alle rechtlichen Möglichkeiten der betroffenen Person von jeder Maßnahme nach dieser Bestimmung unberührt bleiben.

(7) Die ersuchende Vertragspartei unternimmt zumutbare Anstrengungen, um die Person unter Verwendung des für sie ausgestellten Ersatzreisedokuments bzw. konsularischen Laissez-Passer vor Ablauf dessen Gültigkeitsdauer zurückzuführen. Kann die rückzuführende Person aus Gründen, die sich dem unmittelbaren Einfluss der ersuchenden Vertragspartei entziehen, wie z. B. neue rechtliche Verfahren, Verweigerung und Untertauchen, nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des ursprünglich ausgestellten Ersatzreisedokuments bzw. konsularischen Laissez-Passer rückgeführt werden, so stellt die zuständige diplomatische Vertretung der ersuchten Vertragspartei innerhalb von sieben Kalendertagen nach einem entsprechenden formlosen Ersuchen für einen weiteren Zeitraum von sechs Monaten neuerlich ein Ersatzreisedokument bzw. konsularischen Laissez-Passer aus, sofern kein Grund zu der Annahme besteht, dass sich die Umstände der Person geändert haben.

(8) Lehnt die ersuchte Vertragspartei das Rückübernahmeersuchen ab, so teilt sie innerhalb der vorgenannten Fristen die entsprechenden Gründe mit. Die Entscheidung der ersuchten Vertragspartei ist endgültig, sie kann jedoch zustimmen, ein begründetes Ersuchen um Überprüfung ihrer Entscheidung zu erwägen, wenn der ersuchenden Vertragspartei neue Beweismittel vorliegen oder die ersuchende Partei der Auffassung ist, dass es bei der Auslegung der Beweismittel ein Missverständnis gegeben hat.

(9) Hat die Österreichische Vertragspartei Beweise dafür, dass sich ein indischer Staatsangehöriger irregulär in ihrem Hoheitsgebiet aufhält, und ist diese Person Elternteil eines in Österreich geborenen minderjährigen Kindes, das sich nach dem in Österreich geltenden Recht ebenfalls irregulär aufhält, dessen Geburt aber nicht bei der zuständigen indischen diplomatischen Vertretung registriert wurde, so akzeptiert Indien eine österreichische Geburtsurkunde nur dann als Nachweis für die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments bzw. konsularischen Laissez-Passer für das Kind, wenn die Indische Vertragspartei die Staatsangehörigkeit beider Elternteile und ihre Beziehung zu dem Kind schlüssig festgestellt hat. Jede Maßnahme nach dieser Bestimmung lässt alle rechtlichen Möglichkeiten des Kindes oder seiner Eltern unberührt. Ein minderjähriges Kind ist ein Kind, das zum Zeitpunkt der Übermittlung des Ersuchens durch die ersuchende Vertragspartei noch nicht das Alter von 18 Jahren erreicht hat.

(10) Entsprechend ihrem Wunsch nach einer effizienten Zusammenarbeit kommen die beiden Vertragsparteien überein, dass für die Kommunikation zwischen den an den Rückführungsverfahren beteiligten zuständigen Behörden E-Mail oder andere moderne Kommunikationsmittel, die eine möglichst schnelle Datenübertragung ermöglichen, verwendet werden können. Sie kommen ferner überein, so weit wie möglich biometrische Identifizierungsmerkmale zu verwenden.

(11) Beide Vertragsparteien kommen überein, dass die ersuchende Vertragspartei die mit der Rückführung verbundenen Kosten trägt.

(12) Jede aus dem Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei rückgeführte Person wird von der ersuchenden Vertragspartei auf Ersuchen der ersuchten Vertragspartei rückübernommen, wenn innerhalb einer Frist von höchstens sechs Wochen festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für ihre Rückführung nach Absatz 1 dieses Artikels zu dem Zeitpunkt, zu dem sie das Hoheitsgebiet verlassen hat, nicht erfüllt waren. In Ausnahmefällen und auf Ersuchen der ersuchten Vertragspartei kann diese Frist auf höchstens zwölf Wochen verlängert werden.

(13) Die beiden Vertragsparteien kommen überein, Modalitäten für die Übermittlung von Informationen im Zusammenhang mit der Rückübernahme zu beschließen, die in der ersten Sitzung der mit diesem Abkommen eingesetzten Gemeinsamen Arbeitsgruppe zu erörtern sind. Das von der österreichischen Seite verwendete Rückübernahmeformular ist in dem, diesem Abkommen beigefügten, Erläuternden Schreiben zu enthalten.

(14) Einzelheiten zu den für die Durchführung dieses Artikels zuständigen Behörden sind in Anhang 3 dieses Abkommens aufgeführt.

Schlagworte

Linienflug

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2023

Gesetzesnummer

20012341

Dokumentnummer

NOR40255382

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