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§ 149 BaSAG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.2015

Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern

§ 149.

(1) Die Abs. 2 bis 6 gelten in Bezug auf Drittlandsabwicklungsverfahren, solange und soweit keine Übereinkunft der Europäischen Union gemäß Art. 93 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59/EU mit dem betreffenden Drittland in Kraft tritt. Die Abs. 2 bis 6 gelten darüber hinaus auch nach dem Inkrafttreten einer internationalen Übereinkunft gemäß Art. 93 Abs. 1 der Richtlinie 2014/59/EU mit dem betreffenden Drittland, sofern die Übereinkunft nicht die Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern zum Gegenstand hat.

(2) Besteht ein europäisches Abwicklungskollegium gemäß § 137 Abs. 1, so hat dieses, ausgenommen in den in § 150 genannten Fällen, im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidung darüber zu entscheiden, ob es Drittlandsabwicklungsverfahren in Bezug auf ein Drittlandsinstitut oder ein Mutterunternehmen anerkennt, das

  1. 1. in zwei oder mehr Mitgliedstaaten niedergelassene EU-Tochterunternehmen oder in zwei oder mehr Mitgliedstaaten gelegene EU-Zweigstellen unterhält, die von zwei oder mehr Mitgliedstaaten als bedeutend erachtet werden; oder
  2. 2. über Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten verfügen, die in zwei oder mehr Mitgliedstaaten belegen sind oder dem Recht dieser Mitgliedstaaten unterliegen.

    Hat sich das europäische Abwicklungskollegium in einer gemeinsamen Entscheidung auf die Anerkennung eines Drittlandsabwicklungsverfahrens verständigt, so hat sich die Abwicklungsbehörde um die Durchsetzung des anerkannten Drittlandsabwicklungsverfahrens, zu bemühen, soweit dies mit dem österreichischen Rechtsbestand vereinbar ist.

(3) Kommen die Mitglieder des europäischen Abwicklungskollegiums zu keiner gemeinsamen Entscheidung über die Anerkennung eines Drittlandsabwicklungsverfahrens gemäß Abs. 2 oder besteht überhaupt kein europäisches Abwicklungsgremium, so hat die Abwicklungsbehörde, unter Berücksichtigung des § 150, selbst über die Anerkennung von Drittlandsabwicklungsverfahren in Bezug auf Drittlandsinstitute oder Mutterunternehmen zu entscheiden, die

  1. 1. in Österreich und mindestens einem anderen Mitgliedstaat EU-Tochterunternehmen haben oder in Österreich und mindestens einem anderen Mitgliedstaat EU-Zweigstellen unterhalten, die von zwei oder mehr Mitgliedstaaten als bedeutend erachtet werden; oder
  2. 2. über Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten verfügen, die in Österreich und mindestens einem anderen Mitgliedstaat belegen sind oder die österreichischem Recht und mindestens dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterworfen sind.

    Bei dieser Entscheidung hat die Abwicklungsbehörde die Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten, in denen ein Drittlandsinstitut oder ein Mutterunternehmen tätig ist, sowie insbesondere mögliche Auswirkungen der Anerkennung und Durchsetzung von Drittlandsabwicklungsverfahren auf andere Unternehmen der Gruppe und auf die Finanzstabilität in den betroffenen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen.

(4) Für die Zwecke der Abs. 3 und 4 ist die Abwicklungsbehörde berechtigt:

  1. 1. zur Ausübung von Abwicklungsbefugnissen in Bezug auf
  1. a) Vermögenswerte eines Drittlandsinstituts oder eines Drittlandsmutterunternehmens, die sich in Österreich befinden oder österreichischem Recht unterliegen;
  2. b) Rechte oder Verbindlichkeiten eines Drittlandsinstituts, die der EU-Zweigstelle in Österreich obliegen oder österreichischem Recht unterliegen oder die in Österreich gerichtlich durchsetzbare Forderungen begründen;
  1. 2. zum Vollzug beziehungsweise zur Anordnung des Vollzugs einer Übertragung von Anteilen oder Eigentumstiteln an einem in Österreich niedergelassenen EU-Tochterunternehmen;
  2. 3. zur Ausübung der Befugnisse gemäß den §§ 64 bis 66 in Bezug auf die Rechte der Parteien eines Vertrages mit einem in Abs. 2 genannten Unternehmen, wenn diese Befugnis für die Durchsetzung des Drittlandsabwicklungsverfahrens erforderlich ist;
  3. 4. zur Aufhebung der Durchsetzbarkeit vertraglicher Rechte zur Kündigung, Auflösung oder Beschleunigung von Verträgen oder zur Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte von in Abs. 2 genannten Unternehmen und anderen Unternehmen der Gruppe, wenn diese Rechte sich aus einer Abwicklungsmaßnahme ergeben, die in Bezug auf das Drittlandsinstitut, das Drittlandsmutterunternehmen solcher Unternehmen oder andere Unternehmen der Gruppe – durch die Drittlandsabwicklungsbehörde selbst oder anderweitig gemäß den für Abwicklungsregelungen in dem betreffenden Land geltenden Regulierungs- und Aufsichtsanforderungen – getroffen wird, vorausgesetzt, dass die wesentlichen vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen sowie die Verpflichtung zur Leistung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden.

(5) Stellt die jeweilige Drittlandsbehörde fest, dass ein Institut mit Sitz in dem jeweiligen Drittland die nach dem Recht dieses Drittlands geltenden Bedingungen für eine Abwicklung erfüllt, so kann die Abwicklungsbehörde in Bezug auf ein in Österreich niedergelassenes Mutterunternehmen Abwicklungsmaßnahmen treffen, soweit dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Zu diesem Zweck kann die Abwicklungsbehörde jegliche Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf das Mutternunternehmen ergreifen und § 63 anwenden.

(6) Österreichische Konkursverfahren, die gegebenenfalls im Einklang mit diesem Bundesgesetz anwendbar sind, bleiben durch die Anerkennung und Durchsetzung von Drittlandsabwicklungsverfahren unberührt.

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