§ 1.
(1) Im Sinne dieser Verordnung ist
- 1. Aquakultur: Haltung von Fischen oder von im Wasser lebenden Krebs- oder Weichtieren mit dem Ziel, durch Anwendung von Maßnahmen wie Besatz, Fütterung oder Schutz vor natürlichen Feinden die Wachstumsprozesse gezielt zu verstärken und den Zuwachs an Tiermasse zu steigern. Die Ernährung der Tiere erfolgt teilweise oder zur Gänze durch das verabreichte Nahrungsdargebot (Futter) oder durch jenes Nahrungsdargebot, welches neben den natürlichen Produktionsvorgängen auch auf Grund von künstlicher Nährstoffzufuhr im Wasser entsteht.
- 2. Aquakulturanlage: Anlage zur Ausübung der Aquakultur. Eine Aquakulturanlage kann ein technisches Bauwerk sein oder ein Gewässer, welches durch technische Maßnahmen für die Ausübung der Aquakultur geeignet gemacht wird.
- 3. Kreislaufanlage: Aquakulturanlage, bei welcher das Wasser im Kreislauf geführt wird und die tägliche Frischwasserzufuhr nicht größer ist als zwanzig Prozent des für die Tierhaltung verwendeten Anlagenvolumens (Beckenvolumens).
- 4. Durchflussanlage: Aquakulturanlage, welche vom Wasser ohne Kreislaufführung kontinuierlich durchflossen wird oder bei welcher das Wasser im Kreislauf geführt wird mit einer täglichen Frischwasserzufuhr von größer als zwanzig Prozent des für die Tierhaltung verwendeten Anlagenvolumens (Beckenvolumens).
- 5. Teichanlage: Aquakulturanlage, welche vom Wasser ohne Kreislaufführung und diskontinuierlich durchflossen wird. Die Wasserzuleitung beschränkt sich im Wesentlichen auf den Zeitraum der Anlagenfüllung, die Wasserableitung beschränkt sich im Wesentlichen auf den Zeitraum des Abfischvorganges (Abfischung, Entleerung und/oder Reinigung) der Aquakulturanlage.
- 6. Jahresproduktionskapazität: Massenzuwachs an Fischen, Krebs- oder Weichtieren (ausgedrückt in Tonnen), der innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten in einer Anlage gemäß Z 3 bis 5 auf Grund der Maßnahmen der Z 1 erzielt werden kann. Die Jahresproduktionskapazität wird ermittelt
- a) bei einer Kreislaufanlage durch Multiplikation der spezifischen Jahresproduktionskapazität (ausgedrückt in Tonnen pro Kubikmeter Anlagenvolumen) mit der Größe des für die Tierhaltung verwendeten Teils der Anlage (in Kubikmeter)
- b) bei einer Durchflussanlage durch Multiplikation der spezifischen Jahresproduktionskapazität (ausgedrückt in Tonnen pro Tageskubikmeter Wasserdurchfluss) mit der Größe des maximalen Tageswasserdurchflusses der Anlage (in Kubikmeter je Tag)
- c) bei einer Teichanlage durch Multiplikation der spezifischen Jahresproduktionskapazität (ausgedrückt in Tonnen pro Hektar Wasserfläche) mit der Größe der Teichanlage (in Hektar).
- 7. Wässrige Emission: Abwasser aus dem Betrieb, der Reinigung oder Desinfektion, der Wartung oder der Entleerung einer Aquakulturanlage (§ 1 Abs. 3 Z 1 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung – AAEV, BGBl. Nr. 186/1996).
(2) Bei der Bewilligung nach § 32 WRG 1959 einer Einleitung von wässrigen Emissionen aus einer Anlage gemäß Abs. 6 in ein Fließgewässer sind die inAnhang A festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Nachstehend genannte Stoffe dürfen nicht eingeleitet werden:
- 1. Chloramphenicol;
- 2. Furazolidon;
- 3. Dimetridazole;
- 4. Malachitgrün – Oxalat;
- 5. Nitrofurane;
- 6. sonstige in Arzneispezialitäten enthaltene Stoffe, für welche keine Zulassung nach § 11 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/2003, vorliegt.
Das Einleitungsverbot für Stoffe der Z 1 bis 6 gilt als eingehalten, wenn die in den Tätigkeiten des Abs. 6 eingesetzten Arzneimittel sowie sonstige Behandlungs-, Desinfektions- oder Reinigungsmittel Stoffe der Z 1 bis 6 nicht enthalten.
(3) Bei der Bewilligung nach § 32 WRG 1959 einer Einleitung von wässrigen Emissionen in ein Fließgewässer aus
- 1. einer Anlage gemäß Abs. 7 sind die in Anhang B festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben;
- 2. einer sonstigen Durchflussanlage ist gemäß § 4 Abs. 1 AAEV vorzugehen.
Stoffe gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 dürfen nicht eingeleitet werden.
(4) Bei der Bewilligung nach § 32 WRG 1959 einer Einleitung von wässrigen Emissionen aus einer Anlage gemäß Abs. 8 in ein Fließgewässer sind die inAnhang C festgelegten Emissionsbegrenzungen
vorzuschreiben. Stoffe gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 dürfen nicht eingeleitet werden.
(5) Wässrige Emissionen gemäß Abs. 2 bis 4 dürfen grundsätzlich nicht in eine öffentliche Kanalisation
eingeleitet werden; im Falle der unvermeidbaren Einleitung sind bei der Bewilligung nach § 32b
WRG 1959 unter Beachtung von § 4 Abs. 1 Satz 1 AAEV die in Spalte II des Anhangs A der AAEV
festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben. Stoffe gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 dürfen nicht eingeleitet werden.
(6) Abs. 2 gilt für wässrige Emissionen aus einer Anlage mit folgenden Tätigkeiten:
- 1. Halten von Fischen, Krebs- oder Weichtieren in einer Kreislaufanlage;
- 2. Abfischen, Entleeren, Reinigen oder Desinfizieren einer Kreislaufanlage.
(7) Abs. 3 Z 1 gilt für wässrige Emissionen aus einer Anlage mit folgenden Tätigkeiten:
- 1. Halten von Fischen, Krebs- oder Weichtieren in einer Durchflussanlage, sofern
- a) die der wasserrechtlichen Bewilligung zu Grunde liegende maximale spezifische Jahresproduktionskapazität für Fische, Krebs- oder Weichtiere größer ist als 2,4 Tonnen pro 1000 Tageskubikmeter maximaler Wasserdurchfluss oder
- b) die Sauerstoffversorgung durch den Einsatz von technischem Sauerstoff (Flüssigsauerstoff) erfolgt oder
- c) die Sauerstoffversorgung durch maschinelle Belüftung erfolgt ausgenommen zur Überbrückung einer Sauerstoffmangelsituation bei einem Ereignis unter außergewöhnlichen Umständen (§ 30f Abs. 1 lit. a oder b WRG 1959), bei einer Maßnahme nach dem Tierschutzrecht oder bei einer veterinärmedizinischen Maßnahme;
- 2. Abfischen, Entleeren, Reinigen oder Desinfizieren einer Durchflussanlage gemäß Z 1.
(8) Abs. 4 gilt für wässrige Emissionen aus Abfischvorgängen (Abfischung, Entleerung, Reinigung oder Desinfektion) an einer Teichanlage.
(9) Die Abs. 2 bis 5 gelten nicht für die
- 1. Aquakultur in Form der Gehegehaltung in stehenden oder fließenden Oberflächengewässern oder in Grundwasseraufschlüssen;
- 2. Hälterung von Fischen, Krebs- oder Weichtieren (ohne Zufütterung);
- 3. Einleitung von Abwasser aus der Erbrütung von Fischen, Krebs- oder Weichtieren in Brutbecken oder Bruthäusern, sofern diese nicht Bestandteil einer Aquakulturanlage gemäß Abs. 6 bis 8 sind;
- 4. Einleitung von häuslichem Abwasser aus Betrieben mit Anlagen gemäß Abs. 6 bis 8;
- 5. Einleitung von Abwasser aus der Herstellung von Fischprodukten (§ 4 Abs. 2 Z 5.3 AAEV).
(10) Soweit diese Verordnung keine von der AAEV abweichende Regelung enthält, gilt die AAEV, ausgenommen § 4 Abs. 3 Satz 2 AAEV. Werden in einem Aquakulturbetrieb wässrige Emissionen gemäß Abs. 2 bis 4 vermischt abgeleitet, so sind bei einer derartigen Mischung die den Anhängen A bis C zuzuordnenden wässrigen Emissionen als Teilströme im Sinn des § 4 Abs. 7 AAEV zu behandeln.
(11) Sofern es bei einer rechtmäßig bestehenden Einleitung gemäß Abs. 2 bis 4 für die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anhänge A bis C erforderlich ist oder sofern bei einer beantragten Einleitung gemäß Abs. 2 bis 4 die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anhänge A bis C nicht durch andere Maßnahmen gewährleistet ist, können ua. folgende die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse von Anlagen gemäß Abs. 6 bis 8 betreffende Maßnahmen entweder bei alleinigem oder bei kombiniertem Einsatz in Betracht gezogen werden (Stand der Vermeidungs-, Rückhalte- und Reinigungstechnik):
- 1. Einsatz von Kreislaufanlagen, soweit dies auf Grund der zu haltenden Fisch-, Krebs- oder Weichtierarten oder -massen oder der zu erzielenden Fisch-, Krebs- oder Weichtierqualitäten möglich ist;
- 2. sparsame und artgerechte Verabreichung von Futtermitteln unter Anwendung von Fütterungsmethoden und -einrichtungen, die eine maximale Aufnahme der verabreichten Futtermittel gewährleisten;
Einsatz von Futtermitteln mit bedarfsgerechtem Gehalt an Stickstoff und Phosphor, hohem Energieinhalt und guter Verdaulichkeit bei der Salmonidenproduktion;
- 3. Einsatz von Reinigungs-, Desinfektions- oder Arzneimitteln sowie Biozidprodukten, die nach ordnungsgemäßer Anwendung keine nachteiligen Auswirkungen auf die Biozönosen der von der Einleitung betroffenen Gewässer verursachen; Beachtung der ökotoxikologischen Angaben in den von den Anbietern der eingesetzten Stoffe zur Verfügung gestellten Sicherheitsdatenblättern;
- 4. Im Fall des Erfordernisses der Bekämpfung von Tierseuchen oder Parasitenbefall Einsatz der Stoffe gemäß Z 3 nach einem von einer einschlägigen Fachperson ausgearbeiteten und überwachten Aktionsplan;
- 5. Trennung belasteter Teilströme von unbelasteten Teilströmen zwecks gesonderter Reinigung der belasteten Teilströme; bei Einsatz von Reinigungs-, Desinfektions- oder Arzneimitteln sowie Biozidprodukten (insbesondere Antibiotika, Antiparasitika) gesonderte Entsorgung des mit diesen Mitteln belasteten Wassers als flüssiger Abfall (Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102) oder Einleitung in ein Fließgewässer gemeinsam mit sonstigem Wasser nach Einhaltung der vom Hersteller angegebenen Inaktivierungszeiträume am damit belasteten Teilstrom;
- 6. zusätzlich bei Teichanlagen
- a) Einsatz von Fütterungstechniken, die eine möglichst geringe Futtereintragsrate ermöglichen,
- b) bevorzugte Anordnung der Fütterungseinrichtungen in jenen Bereichen der Teichanlage, in denen beim Abfischvorgang keine oder nur eine geringe Remobilisierung von Ablagerungen nicht aufgenommener Futterstoffe erfolgen kann,
- c) bei einem Abfischvorgang innerhalb der Teichanlage weitestgehende zeitliche Trennung der Teilschritte Abfischen und Entleeren,
- d) bei einem Abfischvorgang innerhalb der Teichanlage Vermeiden des Schlammaustrags aus der Teichanlage durch Einhaltung einer Absetzzeit von nicht kleiner als 30 Minuten zwischen dem Ende der Abfischung und dem Beginn der endgültigen Teichentleerung,
- e) Einsatz von technischen Vorrichtungen zur Schlammrückhaltung innerhalb der Teichanlage und zur Schlammentfernung aus dem Bereich der hydraulischen Einwirkung der Entleerungseinrichtung,
- f) Vermeiden der Ausbildung von Faulschlammablagerungen größeren Ausmaßes durch Trockenlegung des Teichbodens und nach Möglichkeit durch zusätzliche Bearbeitung des trockengelegten Teichbodens in zumindest zweijährlichen Intervallen,
- g) Bekämpfung von unerwünschtem Makrophytenwachstum mit mechanischen oder biologischen Methoden; Verzicht auf den Einsatz von Herbiziden, insbesondere von solchen auf der Basis von Triazolen, quaternären Ammoniumverbindungen, Triazinen und Harnstoffderivaten;
- 7. Einsatz physikalisch-chemischer (Sedimentation, Siebung, Filtration, Kalkung), bei Kreislaufanlagen auch biologischer Reinigungsverfahren für das Gesamtabwasser oder für Teilströme;
- 8. gesonderte Erfassung und Verwertung von Rückständen aus der Aquakultur (zB. Futtermittelreste, Rückstände aus der Anlagenreinigung uä.) sowie von Rückständen aus der Abwasserreinigung, bevorzugt durch Rückführung in die Landwirtschaft, oder deren Entsorgung als Abfall, unter Beachtung der jeweiligen diesbezüglich geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
Schlagworte
BGBl. I Nr. 102/2002, Krebstier, Behandlungsmittel, Desinfektionsmittel, Vermeidungstechnik, Rückhaltetechnik, Fischart, Krebsart, Weichtiermasse, Fischqualität, Krebsqualität, Fütterungseinrichtung
Zuletzt aktualisiert am
05.09.2017
Gesetzesnummer
20003660
Dokumentnummer
NOR40056886
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