Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens und Verfahrensabtretung an den Internationalen Strafgerichtshof
§ 5.
(1) Beansprucht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit für eine Strafsache, so kann der Bundesminister für Justiz die österreichische Zuständigkeit im Sinne von Art. 18 des Statuts geltend machen oder die Zulässigkeit des Verfahrens oder die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nach Art. 19 des Statuts anfechten.
(2) Die Zulässigkeit des Verfahrens ist anzufechten, wenn
- 1. die Person wegen der Tat von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde;
- 2. vor einer inländischen Staatsanwaltschaft oder vor einem solchen Gericht wegen der im Inland begangenen Tat oder wegen der Tat eines im Inland betretenen österreichischen Staatsbürgers eine Strafsache anhängig ist oder auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs um Verhaftung und Überstellung oder um Leistung von Rechtshilfe anhängig gemacht wird, es sei denn, dass der Durchführung des Strafverfahrens durch den Internationalen Strafgerichtshof mit Rücksicht auf besondere Umstände, insbesondere aus Gründen der Wahrheitsfindung oder der Konnexität mit anderen, dem Verfahren vor dem Gerichtshof zu Grunde liegenden Straftaten, der Vorzug zu geben ist; oder
- 3. wegen der Tat ein Verfahren vor einer Staatsanwaltschaft oder einem Gericht im Inland anhängig war, welches aus anderen als ausschließlich verfahrensrechtlichen Gründen eingestellt wurde.
(3) Um die Anfechtung der Zulässigkeit zu ermöglichen, hat die zuständige Staatsanwaltschaft dem Bundesministerium für Justiz über anhängige Strafsachen wegen in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallender strafbarer Handlungen zu berichten.
(4) Gegen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über die Zulässigkeit des Verfahrens steht dem Bundesminister für Justiz die binnen fünf Tagen beim Gerichtshof einzubringende Beschwerde offen.
(5) Wird die Zulässigkeit des Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof oder dessen Gerichtsbarkeit nicht angefochten oder bejaht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit endgültig, so hat das zuständige österreichische Gericht alle zur Sicherung der Person und der Beweise erforderlichen Veranlassungen zu treffen und sodann das Verfahren vorläufig einzustellen und dem Bundesministerium für Justiz eine vollständige Aktenablichtung zum Zweck der Weiterleitung an den Internationalen Strafgerichtshof vorzulegen. Werden Beweisgegenstände angeschlossen, so ist anzuführen, ob auf deren Rückgabe verzichtet wird.
(6) Das österreichische Strafverfahren ist nach endgültiger Entscheidung durch den Internationalen Strafgerichtshof einzustellen. Das Verfahren ist jedoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss fortzusetzen, wenn
- 1. der Ankläger beim Internationalen Strafgerichtshof beschließt, keine Anklage zu erheben, oder von der Anklage zurücktritt;
- 2. der Internationale Strafgerichtshof die Anklage nach Prüfung zurückweist; oder
- 3. der Internationale Strafgerichtshof seine Unzuständigkeit oder die Unzulässigkeit des Verfahrens feststellt.
Zuletzt aktualisiert am
27.03.2020
Gesetzesnummer
20002154
Dokumentnummer
NOR40034521
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