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Die Verwaltungsgerichte im europäischen Kontext

EditorialMichael Mayrhofer , Katharina PabelZVG 2019, 413 Heft 5 v. 1.10.2019

Die Bedeutung des Unionsrechts und der Rechtsprechung des EuGH für den Rechtsalltag der Verwaltungsgerichte kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Erstens sind eine Fülle von österreichischen Materiengesetzen des besonderen Verwaltungsrechts mehr oder weniger unionsrechtlich determiniert. Bei ihrer Auslegung und Anwendung im Einzelfall ist daher regelmäßig die Judikatur des EuGH zu berücksichtigen. Zweitens sind selbstverständlich auch die Verwaltungsgerichte vorlageberechtigt im Vorabentscheidungsverfahren. Indem sie entscheidungserhebliche Fragen der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts dem EuGH vorlegen, nehmen sie am europäischen Gerichtsverbund teil. Damit gewinnt auch ihre organisatorische Verfasstheit Bedeutung im Unionsrecht. Die Entwicklungen des europäischen Gerichtsbegriffs und des Verständnisses von Unabhängigkeit können, wie der Beitrag von Vašek in diesem Heft zeigt, im Hinblick auf die Richterauswahl und auf die Justizverwaltung Bedeutung erlangen. Schließlich gewinnt das Unionsrecht in der Auslegung des EuGH zunehmend Einfluss auf das innerstaatliche Verwaltungsverfahrensrecht. Die Gewährung von Parteirechten, insbesondere Beschwerdemöglichkeiten von Umweltorganisationen, die Präklusion als Einschränkung der Möglichkeiten zur Geltendmachung von Rechten und andere Grundstrukturen des Verfahrensrecht gelangen in das Blickfeld des EuGH und müssen sich der Beurteilung des Unionsrechts, vor allem unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung von effektivem Rechtsschutz, stellen. Jüngst ist auch das Kumulationsprinzip im Verwaltungsstrafrecht, das auch innerstaatlich immer wieder Gegenstand von Kritik und rechtspolitischen Forderungen ist, im Wege einer Vorlage des Landesverwaltungsgerichts Steiermark nach Luxemburg getragen worden. Das in diesem Heft abgedruckte Urteil läutet zwar wahrscheinlich noch nicht die letzte Stunde jeglicher Kumulation von Strafen ein, verlangt doch der EuGH zur effektiven Durchsetzung des Unionsrecht durchaus merkliche Strafen. Mit seinem Urteil legt der EuGH aber doch einen Finger in die Wunde und zeigt die grundrechtlichen Grenzen der Kumulation auf. Der Gesetzgeber wird nicht umhinkommen, die einschlägigen Bestimmungen zumindest kritisch zu hinterfragen.

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