I. Die Lüth-Entscheidung als Ausdruck eines in sozialer Verbundenheit stehenden Menschenbildes
Das Lüth-Urteil1 betrifft bekanntermaßen die Verfassungsbeschwerde des Senatsdirektors und Leiters der Pressestelle der Freien und Hansestadt Hamburg anlässlich der Eröffnung der „Woche des deutschen Films“. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Hamburger Presseclubs hatte Lüth im Rahmen einer Rede vor Filmverleihern und Filmproduzenten zum Boykott des Films „Unsterbliche Geliebte“ von dem Regisseur Veit Harlan aufgerufen. Dieser hatte zu den wichtigsten Regisseuren der Nazizeit gehört und war für Drehbuch sowie Regie des Films „Jud Süß“ verantwortlich. Er war damit „einer der wichtigsten Exponenten der mörderischen Judenhetze der Nazis“.2 Auf die Klage der Filmgesellschaften verurteilte zunächst das Hamburger Landgericht, sodann das Oberlandesgericht Lüth auf Unterlassen dieser Äußerungen auf der Grundlage von § 826 BGB.