ABGB §§ 1295 ff, 1299
HGB § 222 Abs 2, § 274
Nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Prüfung sind Vermögens- und Schuldposten, die einen wesentlichen Einfluss auf den Jahresabschluss haben, auf vollständige und richtige Erfassung zu prüfen. Unterlässt es ein Abschlussprüfer, persönlich Saldenbestätigungen des angeblichen Drittschuldners einzuholen, obgleich die angeblichen Forderungen ihm gegenüber nahezu 50 % der Bilanzsumme der zu prüfenden Gesellschaft ausmachten und die nur in Kopie vorliegenden, noch dazu vom geprüften Unternehmen selbst zur Verfügung gestellten Saldenbestätigungen der einzige Nachweis für die Guthaben waren, ohne deren Bestand das geprüfte Unternehmen überschuldet war, stellt die Nichterfüllung der in den Richtlinien für Wirtschaftstreuhänder für solche Fälle unbedingt vorgesehenen Einholung von Saldenbestätigungen durch den angeblichen Schuldner eine grobe Vernachlässigung der grundsätzlichen Prüfungspflichten dar. Hinsichtlich der Vorwerfbarkeit der vom Abschlussprüfer nicht erkannten Bilanzfälschung kann daher von leichter Fahrlässigkeit nicht mehr gesprochen werden, sondern ist eine gravierende Sorgfaltspflichtverletzung zu beanstanden. Zu den Pflichten des Prüfers gehört, dass durch seine Prüfung der Jahresabschluss ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu vermitteln hat. Verlässt sich der Abschlussprüfer auf eine ihm vom geprüften Unternehmen selbst übergebene Kopie, kann von einer „Bestandprüfung“ der maßgeblichen Vermögenswerte keine Rede sein.