FrG 1997: § 10 Abs 2 (Ausweisung; Gefährdung öffentlicher Interessen; polymorph psychotische Störung; medikamentöse Einstellung; Körperverletzung)
VwGH 15. 5. 2007, 2004/18/0254
Gemäß § 10 Abs 2 FrG kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öff Interessen (§ 8 Abs 3 Z 2 FrG) insbes versagt werden, wenn (Z 3) der Aufenthalt des Fremden die öff Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Dies ist nach den Feststellungen der bel Beh der Fall. Der Bf leidet an einer polymorph psychotischen Störung. Diese Erkrankung entspricht einer geistigen Abnormität höheren Grades. Der Bf hat am 3. 3. 2004 in einem Zustand krankheitsbedingter Zurechnungsunfähigkeit seine Schwägerin auf den Boden gestoßen, sie mit beiden Händen gewürgt und mit dem Umbringen bedroht. Anschließend hat er ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen, wodurch sie verletzt worden ist. Schließlich hat er sie wiederum mit dem Umbringen bedroht, wenn sie jemanden von diesem Vorfall erzählen sollte. Weitere derartige Taten mit schweren Folgen wären mit höherer Wahrscheinlichkeit im Vollbild der Erkrankung zu erwarten. Wenngleich nach dem Sachverständigengutachten unter der laufenden adäquaten Therapie das Krankheitsbild rasch abgeklungen sei und nicht zu erwarten sei, „dass derzeit und unter einer medikamentösen Behandlung gröbere Verhaltensauffälligkeiten auftreten“, kann der bel Beh nicht entgegengetreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass vom weiteren Aufenthalt des Bf eine Gefährdung für die Ordnung und Sicherheit ausgehen würde, bietet doch der Umstand, dass der Bf derzeit Medikamente nimmt und eine Verschlimmerung des Krankheitsbildes (vorerst) verhindert werden kann, keine Gewähr dafür, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Entgegen der Auffassung in der Beschw hatte die bel Beh die vom Bf ausgehende Gefährdung der öff Ordnung und Sicherheit allein nach fremdenrechtlichen Gesichtspunkten und unabhängig von den die Strafbemessung, die teilbedingte Strafnachsicht oder die bedingte Nachsicht von der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher begründenden Erwägungen eines Gerichtes zu beurteilen (VwGH 18. 5. 2006, 2006/18/0103 = ZfVB 2007/516). Die bel Beh hat auch nicht in unzulässiger Weise eine ihr nicht zustehende „Vorfragenlösungskompetenz“ in Anspruch genommen.