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VwGH 5. 4. 2002, 99/18/0164 (PASSWESEN)

JudikaturPASSWESENZfV 2003/1082ZfV 2003, 489 Heft 4 v. 8.9.2003

§ 14 Abs 1 Z 3 lit a PassG (Reisepass; Versagung der Ausstellung; gerichtlich strafbare Handlung; Fluchtgefahr; bestimmte Tatsachen; Stellungnahme der Staatsanwaltschaft und des Untersuchungsrichters)

VwGH 05.04.2002, 99/18/0164

Der G-Geber hat im PassG eine nähere Umschreibung der Tatsachen, die die in § 14 Abs 1 Z 3 lit a PassG getroffene Annahme rechtfertigen können, nicht vorgenommen. In der StPO findet sich im Rahmen der Best über die Verhängung der Untersuchungshaft über einen Beschuldigten wegen Fluchtgefahr - das ist die aufgrund bestimmter Tatsachen bestehende Gefahr, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß wegen der Größe der ihm mutmaßl bevorstehenden Strafe oder aus anderen Gründen flüchten oder sich verborgen halten (§ 180 Abs 2 Z 1 StPO) - eine Regelung, wann dieser Haftgrund ausgeschlossen ist. So ist gem § 180 Abs 3 StPO Fluchtgefahr jedenfalls nicht anzunehmen, wenn der Beschuldigte einer strafbaren Handlung verdächtig ist, die nicht strenger als mit fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, er sich in geordneten Lebensverhältnissen befindet und einen festen Wohnsitz im Inland hat, es sei denn, dass er bereits Anstalten zur Flucht getroffen hat. In Anbetracht des mit dieser Best verfolgten Zweckes, näml zu verhindern, dass ein Beschuldigter sich durch Flucht der Strafverfolgung im Inland entziehen werde, sind die genannten Kriterien nach § 180 Abs 3 StPO auf das PassG insoweit übertragbar, als für die Beurteilung des Vorliegens des obzitierten Passversagungsgrundes die Frage geordneter Lebensverhältnisse (so zB einer festen Anstellung) und eines festen Wohnsitzes des Passwerbers eine Rolle spielen. Anders als bei der Verhängung der Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr stellt der G-Geber in § 14 Abs 1 Z 3 lit a PassG nicht auf eine strenger als mit fünfjähriger Freiheitsstrafe bedrohte Straftat ab, sondern genügt es für die Verwirklichung des besagten Passversagungsgrundes, dass die dem Passwerber angelastete gerichtl strafbare Handlung mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, sodass ein bestimmter Sachverhalt zwar durchaus die Annahme von Fluchtgefahr iSd § 14 Abs 1 Z 3 lit a PassG, nicht jedoch (auch) die Verhängung der Untersuchungshaft aus dem Grund des § 180 Abs 2 Z 1 StPO rechtfertigen kann. Insoweit stellt der PassG-Geber somit geringere Anforderungen für die Annahme von Fluchtgefahr auf als der StrafG-Geber.

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