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Geroldinger, Familiäres Naheverhältnis des Richters zum Prozessbevollmächtigten als Ausschließungsgrund? JBl 2014, 620.

LiteraturübersichtVerfahrensrechtZak 2014/767Zak 2014, 400 Heft 20 v. 11.11.2014

Der OGH hat den Anwendungsbereich des Ausschließungsgrundes der Verwandtschaft (§ 20 Abs 1 Z 2 JN ) vor Kurzem insofern erheblich erweitert, als er auch familiäre Beziehungen zwischen dem Richter und Gesellschaftern oder Geschäftsführern einer als Parteienvertreter einschreitenden Rechtsanwaltsgesellschaft einbezog (6 Ob 176/13w = Zak 2013/819, 442; vgl 5 Ob 93/13g = Zak 2013/774, 421). Der Autor wendet sich aus Anlass dieser Entscheidung generell gegen die stRsp, die eine Verwandt- oder Schwägerschaft zwischen Richter und Prozessbevollmächtigten als Ausschließungsgrund wertet. Seiner Ansicht nach kann es sich lediglich um einen Befangenheitsgrund iSd § 19 Z 2 JN handeln, wobei allerdings in EMRK-konformer Auslegung die Ablehnung bereits dann erfolgreich sein müsse, wenn bloß ein objektiver Anschein der Befangenheit besteht. Bei Vorliegen einer Ehe sowie ab dem dritten Grad der Verwandtschaft in der Seitenlinie sei einem Ablehnungsantrag ohne weitere Nachweise stattzugeben. Der wesentliche praktische Unterschied zwischen Ablehnungs- und Befangenheitsgründen liege darin, dass letztere präkludieren, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden, und daher kein taktisches Abwarten des Verfahrensausgangs möglich ist. Eine Abstufung in dem Sinn, dass es sich bei Ablehnungsgründen um schwere und bei Befangenheitsgründen um eher leichte Verstöße gegen das richterliche Unparteilichkeitsgebot handelt, sei jedoch nicht erkennbar.

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