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Verstoß gegen Art 8 MRK durch lange Dauer eines Besuchsrechtsverfahrens

In aller KürzeZak 2012/39Zak 2012, 22 Heft 2 v. 31.1.2012

In dem kürzlich ergangenen Urteil in der Rs 1.598/06, Kopf und Liberda v Österreich, stellte der EGMR eine Verletzung des Grundrechts auf Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK durch die lange Dauer eines Besuchsrechtsverfahrens fest. Die Beschwerdeführer hatten ein Kind ab dem Alter von zwei Jahren fast vier Jahre lang als Pflegeeltern betreut. Nachdem das Kind zu seiner leiblichen Mutter zurückgekehrt war, stellten sie den Antrag auf Einräumung eines Besuchsrechts. Nach einer Verfahrensdauer von insgesamt mehr als 3,5 Jahren (in die auch zwei mehrmonatige Perioden fielen, in denen die Gerichte keine Verfahrensschritte setzten) wurde der Antrag - mangels Antragslegitimation ehemaliger Pflegeeltern (vgl § 148 Abs 4 ABGB) - rechtskräftig zurückgewiesen (7 Ob 91/05s = ZRInfo 2005/288). Die amtswegige Einräumung eines Besuchsrechts wurde insb mit der Begründung abgelehnt, dass Besuchskontakte aufgrund des langen, seit Beendigung der Pflege vergangenen Zeitraums nicht mehr im Interesse des Kindes liegen würden. Der EGMR hatte zwar keine Einwände gegen diese Beurteilung. Da für die lange Verfahrensdauer, die demnach maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung gegen ein Besuchsrecht hatte, jedoch keine ausreichenden Rechtfertigungsgründe vorgebracht wurden, nahm er dennoch einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Familienleben an, das seiner Ansicht nach auch die Beziehung zwischen Pflegeeltern und Pflegekind schützt.

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