1. Problemstellung
Die Beruhigung der akuten schweren ökonomischen Krise des Euroraums seit etwa 2015 gelang letztlich nur durch verzweifelte Notoperationen: Die geldpolitische Wende der EZB unter Mario Draghi mit der öffentlich bekundeten Bereitschaft, alles zur Rettung des Euro zu tun, und die fiskalpolitische Wende unter Jean-Claude Juncker, dessen großzügigere Auslegung des fiskalischen Regelwerks eine Milderung der makroökonomisch dysfunktionalen Austeritätspolitik in den Krisenstaaten ermöglichte, kamen gerade noch rechtzeitig, um ein Ende der Gemeinschaftswährung zu verhindern. Seither schien auf europäischer Ebene fast überall Einigkeit zu bestehen, dass das noch bestehende Zeitfenster für mehr oder weniger weitreichende Reformen der Euroraum-Governance genutzt werden müsse, um den Euroraum für zukünftige Krisen widerstandsfähiger zu machen. In diesem Sinne sah schon der Fünf-Präsidenten-Bericht1 relativ weitreichende Reformmaßnahmen zur Vollendung der Währungsunion vor.2 Die fundamentalen Interessengegensätze zwischen den Mitgliedstaaten der Währungsunion haben jedoch entsprechende Reformen bislang unmöglich gemacht. Dazu trug die auf die Flüchtlingskrise folgende politische Krise ihren Teil bei.

