1. Einleitung: Soziale Marktwirtschaft - wissenschaftliches Ordnungskonzept oder politisches PR-Konzept?
Nur wenige Nationalökonomien sind mit eindeutigen begrifflichen Zuschreibungen versehen. Die bundesdeutsche Volkswirtschaft aber ist weltweit als "Soziale Marktwirtschaft" bekannt und gemeinhin wird diese Wirtschaftsordnung als Grundstein des wirtschaftlichen Erfolges der Bundesrepublik - in den 1960er-Jahren als "Wirtschaftswunder" mystifiziert, später immer mal wieder in entsprechend "guten" Zeit als "neues Wirtschaftswunder" beschrieben - angesehen.1 Abgesehen davon, dass die "Wirtschaftswunderjahre" vor dem Hintergrund des Wiederaufbaus der deutschen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg als ziemlich normale Rekonstruktions- bzw. "catching-up"-Entwicklung längst relativiert wurden,2 lässt sich tatsächlich ernsthaft diskutieren, ob eine bestimmte Wirtschaftsverfassung die Bundesrepublik zu einem "Modell" gemacht hat, das als hoch produktiv, international extrem wettbewerbsfähig ("Exportweltmeister Deutschland") und auch sehr wiederstandsfähig - offenbar hat Deutschland die beiden "Schocks" der deutschen Einigung3 und der jüngsten Weltfinanzkrise wesentlich besser verarbeitet als die meisten anderen hoch entwickelten Länder den alleinigen "Schock" der Weltfinanzkrise - angesehen werden kann. Es gilt im Folgenden, die institutionellen Bestandteile dieses "Modells Deutschland" zusammenzutragen und danach zu fragen, ob sie tatsächlich wissenschaftlich in einem Konzept der "Sozialen Marktwirtschaft" verankert werden können. Es gilt aber auch zu untersuchen, ob einerseits dieses "Modell Deutschland" auch unter den sogenannten "Globalisierungsbedingungen" noch zukunftsfähig ist und schließlich auch potenzielle (negative) Nebeneffekte aufzuzeigen.

