1. Problemstellung und Hypothesen
In der öffentlichen Berichterstattung und der heimischen Forschung besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass das System der Lohnverhandlungen in Österreich durch Lohnführerschaft (im Englischen "pattern bargaining") koordiniert wird,1 wobei die Führungsfunktion von der Metallindustrie wahrgenommen wird. Diese Lohnführerschaft stellt allerdings Pollan (2004) in Frage. Sein zentrales Argument ist, dass in Österreich die sektoralen Lohnunterschiede nicht nur sehr hoch, sondern seit den 1980er Jahren stetig gestiegen seien, was mit einem System der Lohnführerschaft nicht kompatibel sei. Dieses Argument weist vielfältige Schwachstellen und Widersprüche auf.2 Unbestritten bleibt freilich, dass die These von der Lohnführerschaft sich bislang nur auf Plausibilisierun-gen und anekdotische Evidenz stützt.
