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Unzuständigkeit des BVA zur Nachprüfung von Vergaben einer Landeselektrizitätsgesellschaft*)*)Vgl auch die E des VfGH 30. 9. 1996, B 3067/95 auf S 86 dieses Hefts, sowie die Anmerkung zu BVA 23. 8. 1995, N-8/95-22, WBl 1996, 415 f.

RechtsprechungVergaberechtwbl 1997, 84 Heft 2 v. 20.2.1997

§§ 6 Abs 1 Z 5, 6 Abs 2, 7 Abs 2, 67, 91 Abs 3 BVergG; Richtlinie 92/13/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor: Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag eines Auftraggebers, der eine Tätigkeit gemäß § 67 BVergG ausführt. Dieser Auftraggeber unterliegt hinsichtlich seiner Tätigkeiten im Sinne des § 67 BVergG gemäß § 7 Abs 2 BVergG nicht den Nachprüfungsverfahren des 4. Teiles des Bundesvergabegesetzes. Zwar hat der Europäische Gerichtshof in vielen Fällen entschieden, daß es mit dem zwingenden Charakter des Gemeinschaftsrechts nicht vereinbar wäre, einer nicht umgesetzten Richtlinie keinen verbindlichen Charakter zuzuerkennen. Vielmehr könne sich der einzelne auf Bestimmungen einer nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinie, die hinreichend konkret sind, um dem einzelnen Rechte zuzugestehen, in einem Verfahren gegenüber dem Staat stützen, und Behörden, die über derartige Ansprüche entscheiden, haben nicht umgesetzte Richtlinien als Bestandteil des Gemeinschaftsrechts ihren Entscheidungen zugrunde zu legen (statt vieler: Rs 41/74 van Duyn, Slg 1974, S 1337 ff). Allerdings geht das Bundesvergabeamt davon aus, daß die Bestimmungen der Sektorenrechtsmittel-Richtlinie für sich allein nicht hinreichend konkret sind, um dem einzelnen neben dem sicherlich bestehenden Anspruch auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens konkrete Ansprüche auf eine bestimmte Nachprüfungsbehörde zu verleihen. Das Bundesvergabeamt verkennt auch nicht, daß die Möglichkeit besteht, daß der grundsätzlich bestehende Anspruch auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens dazu führt, daß dieser Anspruch „als Bestandteil des Gemeinschaftsrechts“ entgegenstehenden Bestimmungen des nationalen Rechts in der Anwendung vorzugehen vermag (Rs 6/64 Costa/ENEL). Dies kann im Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes insbesondere für § 7 Abs 2 BVergG gelten, sodaß allenfalls davon auszugehen wäre, daß einem Antragsteller gegen eine Auftragsvergabe eines Unternehmens gemäß § 6 Abs 2 BVergG, das eine Tätigkeit gemäß § 67 BVergG ausübt, das Nachprüfungsverfahren gemäß § 91 Abs 3 BVergG in der derzeitigen Form offensteht. Konkret handelt es sich jedoch um eine Landesgesellschaft nach dem Zweiten Verstaatlichungsgesetz (BGBl Nr 81/1947 idgF). Für derartige Unternehmen legt die Verfassungsbestimmung des § 6 Abs 1 Z 5 BVergG fest, daß die Regelung der Auftragsvergabe in Gesetzgebung und Vollziehung den Ländern obliegt. Zu dieser Bestimmung führen die EBRV zum Bundesvergabegesetz (972 der BlgNR XVIII. GP) aus: „Bezüglich des persönlichen Geltungsbereiches sind zwei verfassungsrechtliche Kompetenzbestimmungen vorgesehen, die eine ebenso zweckmäßige wie klare Aufteilung der Zuständigkeiten hinsichtlich ausgegliederter Unternehmungen im allgemeinen sowie hinsichtlich der Elektrizitätswirtschaft im besonderen zum Gegenstand haben. Diese Kompetenzbestimmungen sollen eine gesamthafte Regelung der öffentlichen Auftragsvergabe durch einander ergänzende Vorschriften des Bundes einerseits und der Länder andererseits ermöglichen.“ Dem Bundesvergabeamt ist es verwehrt, diese sonderverfassungsgesetzliche Kompetenzhürde zu überspringen und in ein Vergabeverfahren einer Landeselektrizitätsgesellschaft einzugreifen.

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