Ja, natürlich hatte ich die Nachrichten aus China gehört, die Meldungen über Ausgangssperren in Wuhan und die Abriegelung einer ganzen Region, doch schien das alles weit weg. Als lang gedienter Richter (nach jetzigem Wissensstand Angehöriger der am meisten betroffenen Altersgruppe der Infizierten) und gelernter Justizverwalter (Absolvent des 1. Justiz-Managementlehrgangs) ist man Kummer gewohnt. Schließlich haben wir ja auch die SARS- und MERS-Epidemien überstanden. Doch dann kamen beunruhigende Nachrichten aus dem Nachbarland Italien und plötzlich war die inzwischen von der WHO zur Pandemie erklärte Seuche vor der Haustüre in der Lombardei und Oberitalien angekommen. Auf Grund von Mitteilungen durch Freunde und Bekannte über die dortige rasche Ausbreitung der Krankheit und deren schlimme Folgen wurde rasch klar, dass eine Grenze keinen Schutz bieten würde und wir nicht verschont bleiben werden. Schon Anfang März machten wir uns im Präsidium des Landesgerichtes Klagenfurt keine Illusionen und begannen, Szenarien für den Fall des Auftretens des COVID-19-Virus an einem der Gerichte in Kärnten zu schmieden. Dann ging alles ganz rasch: Die Verkündung der Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die sofortige Absage aller angesetzten Verhandlungen, verbunden mit einer unglaublichen Kraftanstrengung in den Kanzleien, große Unsicherheit überall, zunächst Funkstille aus dem Bundesministerium für Justiz und anschließend das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, dessen Regelungen, ebenso wie manche Mitteilungen der übergeordneten Dienststellen teilweise an das Orakel von Delphi erinnerten. Krisenkommunikation sieht anders aus: Klare, knappe und verständliche Anweisungen, was zu tun und zu unterlassen ist, ihrem Sinn nach verständlich und nachvollziehbar. Es beschlich einen das Gefühl, dass eher darauf Bedacht genommen wurde, nur ja nichts falsch zu machen und im Zweifel Verantwortung zu delegieren. Da war sie nun, die Sorge und Verantwortung für alle am Gericht beschäftigten Personen, das Funktionieren des Notbetriebs und nebenbei die Organisation der eigenen Familie mit 2 Kindern und einer demenzkranken Mutter mit 24-Stunden-Pflegerin aus Südosteuropa im Nachbarhaus.