Wir leben in gefährlichen Zeiten. Eine offene Demokratie und ein funktionierender sowie wehrhafter Rechtsstaat sind keine Selbstverständlichkeiten, in vielen Ländern werden sie unterminiert und angegriffen. In der Türkei wurden seit letztem Sommer fast 4.000 Richter und Staatsanwälte aus ihren Ämtern entfernt, hunderte von ihnen sitzen nach wie vor in Untersuchungshaft. Der türkische Präsident sucht offenkundig nach einer Mehrheit zur Wiedereinführung der Todesstrafe, wobei es ihm egal zu sein scheint, dass sein Land damit einen grundlegenden europäischen Konsens aufkündigen wird. Auf den Philippinen lässt ein demagogischer Staatschef Polizisten seine eigenen Bürger in Wild-West-Manier zu Tausenden ermorden. Der bloße Verdacht, ja eine Verleumdung wegen eines Drogendeliktes reicht aus. Gerichtsverfahren sind dort überflüssig geworden. Der neu gewählte amerikanische Präsident Trump attackiert in einer nie dagewesenen Art jene Richter, die eine ihm unpassende Entscheidung treffen. Einige Massenmedien und ein erklecklicher Teil der Bevölkerung applaudieren dazu. Die polnische Regierungspartei will sich den Verfassungsgerichtshof so zurecht schnitzen, dass das Höchstgericht de facto unter die Kontrolle der Exekutivgewalt gestellt wird. In Großbritannien stellen Höchstrichter klar, dass die Verfassung die Einbindung des Parlaments in eine eminent wichtige Entscheidung wie den Austritt des Landes aus der Europäischen Union verlangt. Am nächsten Tag werden die Bilder der Richter unter der Überschrift "Enemies of the People" auf einer Titelseite veröffentlicht. Pikante Details aus dem Privatleben dieser Richter werden mitgeliefert, auch wenn sie mit der Sache nichts zu tun haben. Die Liste lässt sich fortsetzen.