I. Einführung in die Problematik
Wie auch immer Schuld als eine strafrechtliche Kategorie inhaltlich präzisiert wird, enthält sie nach bisherigen Vorstellungen jedenfalls die höchstpersönliche Verantwortlichkeit eines Einzelmenschen für das von ihm begangene Unrecht auf Grund seiner inneren Haltung. Es gibt somit keine Kollektivschuld mehrerer Personen und keine Schuld einer juristischen Person, denn diese ist kein Mensch, sondern ein künstliches Rechtsgebilde, das aus einer Vermögensmasse oder einer Personenvereinigung besteht. Man kann ihr als Fiktion einer Person oder als realem sozialem Organismus (Gierke) zwar wie einer Person verschiedene zivil- oder öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten beimessen, nicht aber natürliche psychische Fähigkeiten, die allein einem Menschen zukommen. Gibt es demnach keine Schuld juristischer Personen, dann auch keine Strafe. Der alte Rechtssatz "societas delinquere non potest" ist dann für alle, die das Schuldprinzip hochhalten,2) verbindlich. In diesem Sinne der Verantwortung eines Individuums ist das Prinzip des § 4 StGB: "Keine Strafe ohne Schuld" zu verstehen.