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Nachhaltigkeitsbezogene Sorgfaltspflichten im Konzern - ein weiteres Mosaikstück eines europäischen Konzernrechts?

UnternehmensberichterstattungJakob Deutsch, LL.M. (WU)RWZ 2024/63RWZ 2024, 383 Heft 11 v. 29.11.2024

Die am 25. 7. 2024 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD)11RL (EU) 2024/1760 des EP und des Rates v 13. 6. 2024 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der RL (EU) 2019/1937 und der VO (EU) 2023/2859 , ABl EU L 2024/1760 (5. 7. 2024). hält am Rechtsträgerprinzip fest.22 Weller/Habrich/Korn/Zimmermann, ECFR 2023, 759 (766 FN 34); Zimmermann/Habrich/Korn/Weller, ZGR 2023, 399 (428). Unmittelbarer Pflichtadressat bleibt die jeweils vom Anwendungsbereich erfasste Gesellschaft, nicht die Unternehmensgruppe insgesamt.33 Bachmann, NJW 2024, 2734 (2735). Allerdings werden an mehreren Stellen konzernrechtliche Besonderheiten adressiert. Die Richtlinie normiert rechtsträgerübergreifende Verhaltenspflichten, wodurch der Unternehmensverbund im Ergebnis als Einheit behandelt wird.44Vgl Renner, ZEuP 2022, 782 (809 ff); Hommelhoff in FS Henssler (2023) 971, 972; Spießhofer in Burgi/Habersack, Handbuch Öffentliches Recht des Unternehmens (2023) § 5 Rz 33; ferner auch Mansel in FS Henssler (2023) 1083, 1100 ("Bedeutungsverlust des Trennungsprinzips"). So sehen Art 5 ff CSDDD Sorgfaltspflichten für Gesellschaften55Um keine Flucht vor den Sorgfaltspflichten durch Rechtsformwahl zu ermöglichen, ist der Anwendungsbereich der CSDDD nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt, sondern weitgehend rechtsformneutral. Erfasst werden entsprechend große Gesellschaften iSd Anhänge I und II der BilanzRL; damit klammert der Anwendungsbereich nicht nur Kapitalgesellschaften (als Untertyp der GmbH wird auch die FlexCo erfasst, obwohl diese in den Anhängen I und II der Bilanz-RL nicht explizit genannt ist) ein, sondern auch eine OG oder eine KG, siehe dazu Bachmann, NJW 2024, 2734 (2735); Weller/Schwemmer, AG 2024, 517 (521); vgl auch Kalss, ZfPW 2024, 181 (201 f); aA J. Schmidt, NZG 2024, 859 (862); Zetzsche/Sinnig, WM 2024, 1341 (1343 f), nach denen der in Art 3 Abs 1 lit a Z i CSDDD verwendete Begriff der juristischen Person offenbar nicht bloß als rechtsfähige Gesellschaft, sondern im Sinne des deutschen Rechts auszulegen sei und daher der Verweis auf Anhang II der Bilanz-RL nur verdeckte Kapitalgesellschaften erfasse. in Bezug auf tatsächliche und potenzielle negative Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt vor, die nicht nur die eigene Geschäftstätigkeit,66Der autonom auszulegende "eigene Tätigkeitsbereich" erfasst nach teleologischen Erwägungen neben Handlungen von Organwaltern auch das Verhalten von eingegliederten Hilfspersonen; sämtliche Handlungen werden der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens zugerechnet, dazu Hayden, JBl 2024, 429 (441). sondern auch Tätigkeiten von Tochtergesellschaften und Geschäftstätigkeiten bestimmter77Erfasst werden Geschäftspartner in der Aktivitätskette des Unternehmens, dh gem Art 3 Abs 1 lit g CSDDD Tätigkeiten sämtlicher vorgelagerter Geschäftspartner im Zusammenhang mit der Produktion von Waren oder der Erbringungen von Dienstleistungen (upstream) und Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung eines Produkts, sofern die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens ausüben (downstream). Geschäftspartner umspannen. Die Unternehmensgruppe ist damit nicht bloß für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs bedeutend.88Nach Art 2 Abs 1 lit b CSDDD ist für die Schwellenwerte nach lit a leg cit (durchschnittlich über 1.000 Beschäftigte und weltweiter Nettoumsatz von mehr als 450 000 000 EUR) aus Sicht der obersten Muttergesellschaft einer Gruppe eine Einheitsbetrachtung vorzunehmen und sind die Werte der gesamten Gruppe insgesamt maßgeblich. Vielmehr werden die Sorgfaltspflichten verbundweit ausgerollt. Umgekehrt ermöglicht die Richtlinie bestimmte Erleichterungen im Konzern und entfaltet dadurch Gestaltungsmacht für die Organisation und die Gov­ernance von verbundenen Unternehmen.

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