BVA, 03.06.2008, N/0049-BVA/12/2008-23
BVergG 2006 § 187 Abs 1, BVergG 2006 § 254 Abs 1
Gemäß § 254 Abs 1 BVergG darf der Sektorenauftraggeber mit dem Bieter oder den Bietern über den gesamten Leistungsinhalt verhandeln, um das für ihn beste Angebot gemäß den bekannt gemachten Zuschlagskriterien zu ermitteln. Bereits der Wortlaut dieser Bestimmung stellt klar, dass die Grenze des Verhandlungsspielraums jedenfalls der Leistungsinhalt des Vergabeverfahrens, somit der Auftragsgegenstand ist. Die im gegenständlichen Vergabeverfahren vorgenommene Abänderung des Leistungsgegenstandes (in concreto: Neubau der Förderanlage anstelle des ursprünglich geplanten Umbaues) stellt keinesfalls eine nur unwesentliche - im Rahmen des § 254 Abs 1 BVergG verhandelbare - Änderung, sondern vielmehr ein „vergaberechtliches aliud“ dar, da der Kern der Leistung mit der ursprünglichen nicht mehr identisch ist. Hätte der Auftraggeber bereits in den Teilnahme- bzw Ausschreibungsbedingungen anstelle des Umbaues die Neuerrichtung der Anlage ausgeschrieben, hätte nicht ausgeschlossen werden können, dass ein (möglicherweise stark) veränderter Bewerber- oder Bieterkreis zu erwarten gewesen wäre. Eine Zuschlagserteilung auf Grundlage dieses geänderten Leistungsgegenstandes würde somit gegen die Grundsätze des § 187 Abs 1 BVergG verstoßen. Der Auftraggeber wäre somit schon aus diesem Grund zum Widerruf verpflichtet gewesen; die am 16. April 2008 - verspätet - erfolgte Widerrufsentscheidung erweist sich im Ergebnis daher nicht als rechtswidrig.