I. Problemstellung
Nach § 198 Abs 8 Z 4 HGB haben alle Kaufleute für „drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“ eine Rückstellung zu bilden. Drohende Verluste sind aufgrund des Imparitätsgrundsatzes bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung bilanziell zu berücksichtigen, auch wenn die Verluste in ihrem gesamten Ausmaß am Bilanzstichtag noch nicht realisiert wurden1). Damit soll erreicht werden, daß bei einem aufgrund des Realisationsprinzips an sich nicht bilanzwirksamen schwebenden Geschäft Verluste in jener Periode erfaßt werden, in der sie wirtschaftlich entstanden sind. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob bereits durch den Abschluß von sogenannten Rahmenverträgen die Möglichkeit bzw die Verpflichtung zur Dotierung von Drohverlustrückstellungen gegeben ist. Folgendes Beispiel aus der Praxis soll die Problematik verdeutlichen: Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurde zwischen einem Produzenten und einem Abnehmer ein Rahmenvertrag über die Belieferung mit bestimmten Waren getroffen, der unter anderem auch bereits Regelungen über die Preisgestaltung enthielt. Am Beginn des darauffolgenden Geschäftsjahrs werden Einzelverträge abgeschlossen, die aufgrund geänderter Finanzierungsverhältnisse Verluste bringen. Dürfen bereits im vergangenen Geschäftsjahr Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden?