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Zur höchstgerichtlichen Auslegung der Härteklausel (§ 6 Abs 1 IESG)

ArbeitsrechtHerbert FinkRdW 1990, 290 Heft 7 v. 1.7.1990

I. Einleitung

Die durch das ASGG1)1)BG vom 7. 3. 1985 über die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit (Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz), BGBl 104. bewirkte Übertragung der Streitigkeiten über Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld in die - sukzessive - Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte (§ 65 Abs 1 Z 7 ASGG) erweist sich aus zweierlei Gründen als „guter Griff“ des Gesetzgebers. Zum einen wurde dadurch die verfahrensrechtliche Stellung des Anspruchswerbers, der bisher auf ein zweiinstanzliches Verwaltungsverfahren mit anschließender Beschwerdemöglichkeit bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts verwiesen war2)2)Vgl § 10 IESG aF und dazu Bartsch/Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 (1983) Rz 396; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht2 (1983) 142., erheblich verbessert und damit ein den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK entsprechender Rechtszustand geschaffen3)3)Wenn man mit dem EGMR (29. 5. 1986 EuGRZ 1988, 20 ff) davon ausgeht, daß sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die in Anknüpfung an ein Arbeitsverhältnis gewährt werden, als „civil rights“ iSd Art 6 Abs 1 MRK zu qualifizieren sind (was für den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld zweifellos zutrifft), war die alte (in einem schmalen Bereich zufolge der Übergangsbestimmungen noch anwendbare) Rechtslage verfassungswidrig, weil ein Verwaltungsverfahren mit anschließender Beschwerdemöglichkeit bei den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts den Anforderungen des Art 6 Abs 1 MRK nicht entspricht (grundlegend VfGH 24. 6. 1988, ÖJZ 1988, 700 ff = EuGRZ 1988, 457 ff [mit Anm von Weh]; vgl auch 14. 6. 1988 G 48/87-11, V 14/87-11, besprochen bei Krejci, Zur Verfahrensreform im Vertragsrecht der Kassenärzte, VR 1989, 168 ff; ders, Probleme des individuellen Kassenarztvertrages, ZAS 1989, 109 ff, 121 f).. Zum anderen zeitigt die Kompetenzverschiebung zu den ordentlichen Gerichten und der damit verbundene Wechsel des Höchstgerichts auch aus inhaltlicher Sicht erfreuliche Effekte. Der nunmehr als Höchstgericht zuständige OGH hatte bereits wiederholt Gelegenheit, sich mit der „alten“ VwGH-Judikatur kritisch auseinanderzusetzen und in der wirtschaftlich bedeutsamen Materie der Insolvenz-Entgeltsicherung neue Akzente zu setzen4)4)Vgl etwa OGH 25. 1. 1989, RdW 1989, 310 = ARD 4104/19/89..

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