I. Allgemeines
Mit Erk 11. 12. 1986, G 119/86-19, hat der VfGH § 254 BAO, wonach durch Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird, als verfassungswidrig aufgehoben; die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. 11. 1987 in Kraft. In der Begründung weist der Gerichtshof darauf hin, daß Rechtsschutzeinrichtungen ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz aufweisen müssen und es nicht angehe, Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels zu belasten. Zwar wird eingeräumt, daß der Gesetzgeber auch das Interesse der Gebietskörperschaften an regelmäßig fließenden Einnahmen zu berücksichtigen habe und dem gegenüber die Interessenposition des Abgabepflichtigen Einschränkungen auf sich nehmen müsse. Die vom Gesetzgeber vorzunehmende Interessenabwägung erlaube es ihm, ein System zu schaffen, das den regelmäßigen Zufluß der Abgaben sicherstelle, die Abgabenschuldner aber nicht einseitig in Fällen belaste, in denen - trotz Bedachtnahme auf gesicherte Erfahrungstatsachen, eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis oder die Klärung von Rechtsfragen durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - Tatsachen- oder Rechtsfragen echt strittig sind. Abschließend führt der VfGH aus, daß § 212 Abs 1 BAO, demzufolge auf Ansuchen bestimmte Zahlungserleichterungen, insbesondere eine Stundung, bewilligt werden können, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird, nicht genüge, die extremen Auswirkungen des § 254 BAO auszugleichen.