Vor gut 20 Jahren begann die Europäische Kommission, ihre Pläne für die private Rechtsdurchsetzung in Form von einzelnen Schadenersatzklagen (seien es Stand-Alone oder Follow-On-Klagen; das eigtl Private Enforcement) und kollektiven Massenklagen (Collective Damages Claims) im Falle von unternehmerischen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht vorzustellen, und mit den Stakeholdern auf breiter Basis zu diskutieren. Während für das Private Enforcement ieS die DG COMP federführend war, übernahm die DG SANCO damals die Führungsrolle für die Massenverfahren bei individuell geringer Schadenshöhe (Stichwort: Verbraucherschutz). Beide Vorhaben stießen zunächst auf breite Ablehnung und vielfache Bedenken, insbesondere hinsichtlich der Befürchtung, so über die Hintertüre eine Vielzahl an Elementen aus dem in Europa durchaus als kritisch bewerteten „US-amerikanischen Schadenersatzrecht“ in die EU einzuführen. Diese Bedenken waren nicht unberechtigt: hinsichtlich des Private Enforcement war zB die initiale Ashurst-Studie und in weiterer Folge das Grünbuch noch sehr an das angloamerikanische System angelehnt (Stichworte: Treble Damages, Deterrence; Access to evidence, etc). Die konsumentenrechtlichen Massenklagen in Form von Sammelklagen sui generis wiesen anfangs ebenso noch starke Elemente aus Übersee auf, und wurde gemutmaßt, auf diesem Wege die berüchtigten US-amerikanischen Class Actions mit der unliebsamen Opt-Out-Variante (jeder Kläger ist automatisch Teil der klagenden Gruppe ohne aktiv zugestimmt zu haben) in Europa einzuführen. Industrie- und Wirtschaftsverbände waren wenig begeistert, Konsumentenvereine und -schützer hingegen nachdrückliche Unterstützer dieser Projekte. Wie immer liegt und lag auch hier die Wahrheit in der Mitte! Über die Jahre mit unzähligen Arbeitsgruppen, Studien, Grünbüchern und Weißbüchern auf Kommissionsebene, als auch später im Europäischen Rat wurden immer mehr angloamerikanische Elemente entschärft und an das Europäische Rechtssystem angeglichen; wobei gerade im zivilrechtlichen Kontext auch zwischen den einzelnen nationalen Rechtsordnungen große Unterschiede bestehen und bestanden (man denke nur an Frankreich mit dem Code civil), was die Vorhaben nicht vereinfachten, ganz im Gegenteil. Es wurden jedoch nicht nur ganz spezielle Rechtselemente aus dem angloamerikanische Raum entschärft, sondern immer wieder auch Rechtsbegriffe umbenannt, um diese „annehmbarer“ zu machen, so wurde zB aus „Collective Claims“ sodann „Collective Redress“, oder der als stigmatisierend empfundene Begriff „Deterrence“ (als Überziel) gänzlich gestrichen, etc.