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Ermessen bei einer schriftlichen Zeugeneinvernahme über eine zu Unrecht erfolgte Auszahlung von Familienbeihilfe

Erkenntnisse des VwGHÖStZB 2009/198ÖStZB 2009, 182 Heft 8 v. 15.4.2009

BAO §§ 20, 173

FLAG § 25

Die Aussage eines Zeugen kann schriftlich eingeholt werden, wenn die AbgBeh das persönliche Erscheinen des Zeugen nicht für erforderlich erachtet. Hat die Beh dem Ersuchen an einen Postboten als Zeugen um Beantwortung der Fragen die zuvor von der PSK eingeholten Unterlagen über die Auszahlungen an Familienbeihilfe angeschlossen und angeführt, dass von der Bf der Empfang der Beträge in ihrer Berufung bestritten wird, während dem Schreiben der Beh ein Hinweis auf das Vorbringen im Vorlageantrag, wonach dieser langjährige Briefträger sich sicher sei, ab 1. 3. 2004 keine Auszahlungen mehr an die Familienbeihilfe beziehende Person durchgeführt zu haben, nicht zu entnehmen ist, ist dieses Vorbringen für die Ermessensübung, ob der Zeuge die Aussage schriftlich abgeben kann, oder ob sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, wesentlich. Aufgrund dieses Vorbringens, der Zeuge habe der Person, die zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen haben soll, persönlich bestätigt, an sie keine Beträge nach dem 1. 3. 2004 ausbezahlt zu haben, kommt dem persönlichen Eindruck ein hoher Stellenwert für die Glaubwürdigkeit zu. Die Beh hätte daher das persönliche Erscheinen des Zeugen veranlassen müssen, insb wenn die schriftliche Aussage zeigt, dass sie nur das Ergebnis einer Nachschau in Belegen irgendwelcher Art sein kann, weil in dieser Aussage nicht nur das genaue Datum der Ausfolgung, sondern eine siebenstellige Kontonummer der PSK-Anweisung enthalten ist. Solche Angaben am 9. 12. 2005 über Vorgänge, die mehr als eineinhalb Jahre zurückliegen, lassen den Schluss zu, dass der Zeuge diese nicht aus der Erinnerung, sondern als Ergebnis einer Nachschau getätigt hat. Damit erschöpft sich aber die Zeugenaussage in einer Wiederholung der bereits vorliegenden schriftlichen Mitteilungen der PSK. Zur Klärung der eigentlichen Streitfrage, ob diese Sendungen der angeblich Familienbeihilfe beziehenden Person zugekommen sind, kann eine solche Aussage keinen entscheidenden Beitrag leisten, zumal auch die Konfrontation des Zeugen mit den auf seine Erklärungen Bezug nehmenden Bekundungen der Person unterblieben ist. Durch die Einholung einer bloß schriftlichen Zeugenaussage unter Weglassung des entscheidenden Streitthemas hat die Beh ihren B mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

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