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Rückwirkungsverbot bei Änderung der Rechtsprechung am Beispiel der Gesellschaftsteuerpflicht unverzinslicher Gesellschafterdarlehen

Mag. Dr. Thomas KeppertÖStZ 1996, 44 Heft 3 v. 1.2.1996

1. Der Anlassfall

Im E 18. 11. 1993, 93/16/0104, hatte der VwGH die Frage zu beurteilen, ob ein von vornherein unverzinslich vereinbartes Gesellschafterdarlehen gem § 2 Z 3 lit b KVG (ab dem 1. 1. 1995 § 2 Z 4 KVG) gesellschaftsteuerpflichtig ist oder nicht. Der Gerichtshof kam in diesem Verfahren erstmals zu dem Schluss, dass der genannte Sachverhalt unter den Tatbestand des Gesetzes zu subsumieren ist, da es sich dabei um eine freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft handelt, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Das im Gesetz ausdrücklich genannte Beispiel der Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung liegt hier vor. Das gegenständliche Erkenntnis ist weniger wegen seinem Leitsatz als wegen der in diesem Erk aufgestellten Behauptung des VwGH bemerkenswert, dass er sich bisher noch nicht mit Fällen von vereinbarter Unverzinslichkeit zu beschäftigen hatte. Unter ausdrücklicher Zitierung der E 24. 6. 1965, 2166/64, 27. 3. 1980, 2620/77 und 27. 4. 1987, 85/15/0323 vermeint der VwGH, dass er sich bisher betreffend unverzinste Darlehen immer nur mit Fällen zu beschäftigen hatte, in denen während der Laufzeit eines Darlehens ein Verzicht auf die Verzinsung erklärt wurde, und darin der Tatbestand des in § 2 Z 3 lit b KVG erwähnten Beispielsfalles des „Verzichts auf Forderungen“ erblickt wurde. In der bisherigen Judikatur sei keineswegs eine dahingehende Äußerung enthalten, dass ein von vornherein unverzinsliches Darlehen nicht den Tatbestand des von § 2 Z 3 lit b KVG ausdrücklich genannten Beispielsfalles der „Überlassung von Gegenständen“ erfüllen könne.

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