„Wenn wir vielleicht geahnt haetten, dass das tausendjährige Reich nur 12 Jahre dauern wird, waeren wir bestimmt vorsichtiger gewesen mit dem vorhandenen Beweismaterial.“1
1. Einleitung
Ziel dieses Beitrages ist es, die verschiedenen Formen von Enteignungen und Rückstellungen arisierter Fotohandlungen in Wien zu analysieren.2 Rückstellungs- und Entschädigungsforderungen gewannen in den 1990er Jahren in mehreren Ländern an Aktualität. Eine Schweizer Kommission untersuchte während der NS-Zeit in die Schweiz gebrachte Vermögenswerte, in der BRD standen ungelöste Fragen der Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen und in Österreich die Restitution von Kunstwerken im Vordergrund. Als Reaktion auf die Beschlagnahme von vier Kunstwerken der österreichischen Privatstiftung Leopold in New York, darunter auch Schieles Bildnis Wally, beschloss der österreichische Nationalrat im Herbst 1998 das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen.3 Im selben Jahr wurde die Österreichische Historikerkommission eingesetzt, die in der NS-Zeit entzogene Vermögenswerte sowie Rückstellungen und Entschädigungen nach 1945 thematisierte.4 Teilprojekte befassten sich neben dem Vermögensentzug von Unternehmen jüdischer EigentümerInnen während der NS-Zeit auch mit Restitution, publiziert in den zwei Bänden „Ökonomie der Arisierung“.5 Im ersten Band wurde versucht, die Grundzüge des Enteignungsprozesses und die daran beteiligten AkteurInnen zu skizzieren. Der Fokus des zweiten Bandes lag auf Enteignungen in unterschiedlichen Industriezweigen.