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Kein Recht, Außenseiter_in zu sein

merk.würdigSonja Azizjuridikum 2014, 269 Heft 3 v. 1.9.2014

1. Einleitung

Immer häufiger sorgt die islamische Religionsausübung für Diskussionsstoff in den jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen der Europäischen Union. Auf der Suche nach vermeintlichen Gegensätzen zwischen nationaler Identität und kultureller Fremde fungieren die Geschlechterverhältnisse der Anderen oftmals als Bescheinigung unüberbrückbarer Differenzen. In diesem Zusammenhang hat vor einigen Jahren11In Österreich wurde die Diskussion erstmals aufgrund des im Jahr 2008 am Landesgericht für Strafsachen Wien anhängigen Strafprozesses gegen die damals vollverschleiert zur mündlichen Hauptverhandlung erschienene Zweitangeklagte Mona S. wegen §§ 278a zweiter Fall, 278b Abs 2 StGB entfacht, die aufgrund der religiös-motivierten Weigerung, ihren Gesichtsschleier abzulegen, wegen ungeziemenden Benehmens gem § 234 StPO aus der Hauptverhandlung ausgeschlossen wurde; vgl dazu Aziz, Der Ausschluss der verschleierten Angeklagten. Eine Grundrechtsprüfung im Lichte der Glaubens- und Gewissensfreiheit (2009). die Ganzkörperverschleierung Eingang in die gesellschaftspolitische Debatte gefunden und zT zu prohibitiven Gesetzesinitiativen22So etwa in Italien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz, wobei ein gesetzliches Verbot derzeit lediglich in Frankreich und Belgien erlassen wurde. geführt. So auch in Frankreich: Am 11.4.2011 trat das Loi no 2010-1192 33Loi no 2010–1192 du 11 octobre 2010 interdisant la dissimulation du visage dans l’espace public publiée au Journal Officiel du 12 octobre 2010. in Kraft, das die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum untersagt und für den Fall des Zuwiderhandelns die Zahlung einer Geldbuße bis zu 150 Euro oder/und die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Staatsbürgerschaftskurs vorsieht. Wenngleich das Gesetz die Gesichtsverschleierung durch Burka44Bei der Burka handelt es sich um ein vordergründig in Afghanistan getragenes Gewand, das Körper und Gesicht bis auf ein Gitter vor den Augen fast vollständig verdeckt. oder Nikab55Ein Nikab ist ein verhüllender Schleier, der das Gesicht bis auf einen Sehschlitz verdeckt. nicht ausdrücklich erwähnt, verdeutlicht bereits der öffentliche Diskurs, dass gerade diese Form der Gesichtsverhüllung aus der Öffentlichkeit verbannt werden sollte. Dies ergibt sich letztlich auch aus dem Bericht des hiefür eigens eingerichteten parlamentarischen Ausschusses,66Assemblé Nationale, Rapport d‘information fait au nom de la mission d‘information sur la pratique du port du voile intégral sur le territoire national, no 2262 déposé le 26 janvier 2010 par Eric Raoult. wonach es sich bei der Gesichtsverschleierung um ein Symbol der Unterdrückung handle, welches sowohl das Prinzip der Geschlechtergleichstellung als auch die Menschenwürde negiere. Zudem stehe es im Widerspruch zu den Werten der Republik und dem Grundsatz Liberté, Égalité, Fraternité.77Übersetzt: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

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