1. Einleitung
Immer häufiger sorgt die islamische Religionsausübung für Diskussionsstoff in den jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen der Europäischen Union. Auf der Suche nach vermeintlichen Gegensätzen zwischen nationaler Identität und kultureller Fremde fungieren die Geschlechterverhältnisse der Anderen oftmals als Bescheinigung unüberbrückbarer Differenzen. In diesem Zusammenhang hat vor einigen Jahren1 die Ganzkörperverschleierung Eingang in die gesellschaftspolitische Debatte gefunden und zT zu prohibitiven Gesetzesinitiativen2 geführt. So auch in Frankreich: Am 11.4.2011 trat das Loi no 2010-1192 3 in Kraft, das die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum untersagt und für den Fall des Zuwiderhandelns die Zahlung einer Geldbuße bis zu 150 Euro oder/und die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Staatsbürgerschaftskurs vorsieht. Wenngleich das Gesetz die Gesichtsverschleierung durch Burka4 oder Nikab5 nicht ausdrücklich erwähnt, verdeutlicht bereits der öffentliche Diskurs, dass gerade diese Form der Gesichtsverhüllung aus der Öffentlichkeit verbannt werden sollte. Dies ergibt sich letztlich auch aus dem Bericht des hiefür eigens eingerichteten parlamentarischen Ausschusses,6 wonach es sich bei der Gesichtsverschleierung um ein Symbol der Unterdrückung handle, welches sowohl das Prinzip der Geschlechtergleichstellung als auch die Menschenwürde negiere. Zudem stehe es im Widerspruch zu den Werten der Republik und dem Grundsatz Liberté, Égalité, Fraternité.7