§ 49 SPG regelt die sogenannte „außerordentliche Anordnungsbefugnis“. Demnach sind die Sicherheitsbehörden befugt, „zur Abwehr in außergewöhnlich großem Umfang auftretender allgemeiner Gefahren für Leben, Gesundheit oder Vermögen von Menschen mit Verordnung allgemeine Anordnungen zu treffen.“ Unkonkreter und umfassender geht es im Grunde nicht. Die Sicherheitsbehörde darf demnach anordnen und verbieten, was immer sie für erforderlich hält. Zur Durchsetzung dieser Anordnungen stehen ihr alle Befugnisse nach dem SPG zur Verfügung; von Überwachungsmaßnahmen und Beschlagnahmen, bis hin zur Anwendung von Zwangsgewalt. Am 24.1.2014 erlebte diese Bestimmung ihren ersten großen Moment. An diesem Jännertag wurde bei Temperaturen um -4 Grad das Verhüllen oder Verbergen von Gesichtszügen im gesamten Bereich des ersten bis neunten Bezirks von Wien verboten. Wer die Mütze zu tief oder den Schal zu hoch ins Gesicht zog, machte sich einer Verwaltungsübertretung verdächtig: es hätte ja sein können, dass dies zum Zwecke der Unkenntlichmachung der Gesichtszüge geschehen wäre. Der Polizei erlaubte dieser weite Anwendungsbereich, jede dieser Personen wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung einer Identitätsfeststellung zu unterziehen, sie wegzuweisen oder festzunehmen. Die Sicherheitsbehörde hatte damit ihre Möglichkeiten selbstständig eklatant erweitert. Erich Zwettler, Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz Wien, meinte: „Wir brauchen diese Verordnung, um eine Rechtsgrundlage zu haben, um Leute, die sich vermummen und augenscheinlich gewaltbereit sind, kontrollieren zu können.“ Eine konkrete Gefahreneinschätzung als Grundlage für sicherheitspolizeiliches Einschreiten wurde damit überflüssig gemacht; sicherheitspolizeiliches Einschreiten schon vor Vorliegen irgendeiner konkreten Gefahr ermöglicht.