I. Problemstellung
Die Phase vor Abschluss eines Arbeitsverhältnisses ist geprägt von der Unsicherheit über die von beiden Vertragsparteien zu erwartenden Leistungen. Vor allem der Dienstgeber versucht, durch mehr oder minder formalisierte Einstellungsgespräche diese Unsicherheit zu minimieren, da er regelmäßig eine Auswahl zwischen mehreren Stellenwerbern zu treffen hat. Ob der präsumtive Dienstgeber hiebei zu sämtlichen ihn interessierenden Fragen berechtigt ist bzw ob der Stellenwerber sämtliche an ihn gerichteten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten hat, zählt zu den schwierigsten rechtlichen Problemstellungen bei der Anbahnung von Arbeitsverhältnissen. Auch wenn im Zuge der Anbahnung des Arbeitsver hältnisses die zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Fragestellungen überwiegen, dürfen die strafrechtlichen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden. Wenn die Verletzung gewisser Verhaltensweisen sogar strafrechtlich sanktioniert wird, dann kann dies aus privatrechtlicher Sicht nicht negiert werden. Zu betonen ist aber, dass die aus dem Strafrecht ableitbaren, grundlegenden Handlungs- und Unterlassungspflichten erst durch die Festle gung der privatrechtlichen Rechtsfolgen ihre entscheidende Bedeutung erlangen. Dies zeigt sich im Arbeitsrecht in der Verbindung von Entlassungsrecht und strafbaren Handlungen1 sehr deutlich. Nicht jede Straftat vermag die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. § 82 lit d GewO verlangt etwa zusätzlich zur strafbaren Handlung das Vorliegen der Vertrauensunwürdigkeit, § 122 Abs 1 Z 2 ArbVG setzt ein Vorsatzdelikt, das mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, oder eine mit Bereicherungsvorsatz begangene strafbare Handlung voraus.