I. Den Grundanforderungen eines fairen Verfahrens iS des Art 6 EMRK wird nur dann entsprochen, wenn die Unparteilichkeit von Gerichtspersonen in jedem Verfahrensstadium gewährleistet ist. Das Gesetz sieht daher in den §§ 67ff StPO Gründe vor, bei deren Vorliegen ein Richter ex lege vom ganzen bzw von Teilen eines Verfahrens ausgeschlossen ist. Bei Vorliegen derartiger Umstände wird von der gesetzlichen Vermutung ausgegangen, dass eine vollkommene Unbefangenheit des Richters im Verfahren nicht mehr gewährleistet ist. Eine tatsächliche Befangenheit muss nicht dargelegt werden1. Die gesetzlichen Ausschlussgründe dienen dazu, bereits den Anschein einer mangelnden Unparteilichkeit hintanzuhalten 2. Über die gesetzlichen Ausschlussgründe hinaus kann die Befangenheit eines Richters in Form eines Ablehnungsantrages geltend gemacht werden und zum Ausschluss führen. Obwohl die Anforderungen eines fairen Verfahrens verlangen, dass in einem Strafverfahren auch nur jeder Anschein einer richterlichen Befangenheit vermieden werden muss, haben Ablehnungsanträge nur selten Aussicht auf Erfolg3. Besonders problematisch erweist sich die Beteiligung eines Richter an einem Strafverfahren, der bereits in einem absondert geführten Verfahren über einen Mittäter geurteilt hat. Erstaunlicherweise handelt es sich dabei um keinen gesetzlichen Ausschlussgrund4, obwohl in unmittelbar vergleichbaren Fällen (§ 68 Abs 2 StPO) ein Richter bereits gesetzlich ausgeschlossen ist. Damit liegt die Versuchung nahe, einen Richter, der sich bereits im Verfahren gegen einen Mitbeschuldigten intensiv in den Akt eingearbeitet hat, auch mit einem nachfolgenden, ausgeschiedenen Verfahren gegen den anderen Mitbeschuldigten zu betrauen. Ob dies mit den Anforderungen an eine faire Verfahrensführung und den bestehenden Ausschlussgründen der §§ 67ff StPO vereinbar ist, soll im Folgenden untersucht werden: