vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Jüngste Entwicklungen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der EU und ihre Auswirkungen auf dasösterreichische Bankgeheimnis

Wissenschaftliche AbhandlungenLyane Sautner, Christian HuberJSt 2006, 77 Heft 3 v. 1.5.2006

I. Einleitung

In Österreich kommt dem Bankgeheimnis traditionell ein hoher Stellenwert zu11Als Ausfluss der großen Bedeutung des Bankgeheimnisses kann es auch angesehen werden, dass Österreich (wie Luxemburg und Belgien) in jüngerer Zeit sogar angesichts der EU-Zinsrichtlinie (Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. 6. 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, ABl L 157 S 38 idF ABl L 103 S 41) auf seinem umfassenden Bankgeheimnis beharrte; siehe dazu zB Höllinger, Ab 1. Juli wird's ernst: Die neue EU-Zinsrichtlinie, VWT 2005 H 3, 48; Tumpel/Gläser, EU-Zinsenbesteuerung ab 1. 7. 2005. Grundlagen des EU-Quellensteuergesetzes. Zinsenbesteuerung, SWK 2005, 602. Ebenfalls konnte die Schweiz ihr umfassendes Bankgeheimnis - im Rahmen der mit der EU geschlossenen Abkommen der "Bilateralen II" - behaupten.. So dürfen Kreditinstitute, deren Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen nach § 38 Abs 1 BWG Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, grundsätzlich nicht offenbaren oder verwerten. Ausnahmen von der Pflicht zur Geheimhaltung stellen lediglich die in § 38 Abs 2 BWG genannten Fälle dar. Dazu gehören unter anderem eingeleitete gerichtliche Strafverfahren sowie eingeleitete Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen (§ 38 Abs 2 Z 1 BWG)22Keine Einschränkung erfährt das Bankgeheimnis nach § 38Abs 2 Z 1 BWG im Zusammenhang mit Finanzordnungswidrigkeiten.. Anlässlich eines solchen Strafverfahrens sind die Geheimnisträger gegenüber den Strafgerichten bzw den Finanzstrafbehörden von der Geheimhaltungspflicht entbunden. Das gilt auch für Rechtshilfeersuchen im Zusammenhang mit ausländischen Strafverfahren. Eine gewisse Verpflichtung Österreichs zu einer das Bankgeheimnis betreffenden Rechtshilfe besteht seit der Ratifikation des Zusatzprotokolls zum Europaratsübereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen33BGBl 1983/296; gültig seit 31. 7. 1983. So wurde bei Vorliegeneines Zusammenhangs zwischen einer Straftat und einem zubezeichnenden Konto das Bankgeheimnis eingeschränkt, und zwar auch in Zusammenhang mit ausländischen Rechtshilfeersuchen im Bereich des Steuerstrafrechts.. Durch die Ratifikation des Protokolls zum EU-Rechtshilfeübereinkommen 44Protokoll zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl III 2005/66; ab 5. 10. 2005 für Österreich anwendbar. (Protokoll EU-RHÜ) ist Österreich nunmehr unter anderem auch verpflichtet, anderen Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen hin mitzuteilen, ob eine Person, die einer strafbaren Handlung verdächtig ist, Bankkonten im Inland unterhält bzw über solche Konten verfügt (Kontoauskunft). Wenngleich Einschränkungen des österreichischen Bankgeheimnisses im Zusammenhang mit Straftaten im Rechtshilfeverkehr wie erwähnt bereits seit längerem bestehen, so stellt das Auskunftsersuchen zu Bankkonten doch eine Neuerung von großer Tragweite dar. Es führt zwar nicht formell zu einer Beschränkung des Bankgeheimnisses, weil auch dafür die Ausnahmebestimmung des § 38 Abs 2 Z 1 BWG gilt; bei materieller Betrachtung werden ausländische Auskunftsersuchen zu Bankkonten aber wohl zu einer größeren

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!