I. Problemstellung
Beim Schutz der persönlichen Freiheit und der Unverletzlichkeit des Hausrechts handelt es sich um zwei der essentiellsten grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen, weil sie die menschliche Integrität in einer ihrer bedeutendsten Erscheinungsformen schützen. In Anerkennung der Bedeutung dieser beiden Grundrechte für einen liberalen demokratischen Verfassungsstaat unterwirft der österreichische Verfassungsgesetzgeber naturgemäß die Zulässigkeit von Eingriffen besonderen Kautelen. Dadurch soll ein Ausgleich zwischen den Interessenslagen des Staates und seinen Bürgern geschaffen werden. Um die Wirkung dieser Kautelen zu effektuieren, stellt sie der Gesetzgeber mit den §§ 302 und 303 StGB1 auch unter strafrechtlichen Schutz. Trotz der überragenden Bedeutung des Schutzes der persönlichen Freiheit innerhalb des gesamten Grundrechtskataloges wird gerade in dieses Grundrecht bemerkenswerter Weise in rund 100.000 Fällen jährlich von staatlicher Seite eingegriffen. Der gegenständlichen Untersuchung lag das Bestreben zu Grunde, die österreichische Verwaltungs-, Verfassungsund Strafrechtsjudikatur auf ihre Haltung zur Eingriffshandhabung in die genannten Grundrechte zu überprüfen. In den Mittelpunkt rückte dabei die Bestimmung des § 303, die eine direkte Anknüpfung an das Grundrecht auf Schutz der persönlichen Freiheit und des Hausrechts beinhaltet. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist insofern ernüchternd, als dass zwar in fast 200 Fällen durch den VfGH (seit 1980) und die UVS (seit 1991) Rechtswidrigkeiten bei Eingriffen in die erwähnten Grundrechte festgestellt wurden, die handelnden Beamten aber so gut wie nie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden sind. Einerseits untersucht der Verfasser in der vorliegenden Arbeit, ob sich diese Defizite durch dogmatisch begründbare Unzulänglichkeiten des § 303 selbst erklären lassen (III.-V). Andererseits setzt sich die gegenständliche Untersuchung auch mit dem scheinbaren Widerwillen der Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte, gesetzwidrige Verhaltensweisen staatlicher Organe im Zusammenhang mit den gegenständlichen Grundrechten zu ahnden, auseinander, der in praxi zu einem Schattendasein des § 303 führt (VII.).