I. Der Richter als dominus litis
"Und gell, keine dummen Fragen stellen", lautete der Auftrag eines Linzer Richters an die Geschworenen.1 Die Geschworenen haben keine Fragen gestellt, sie haben verurteilt. Lebenslänglich. Das haben sie dann bedauert, zu viele Fragen waren offen geblieben. "Und Sie stellen keine Fragen mehr!" sagte ein Grazer Richter im Beratungszimmer zu einem Geschworenen, nachdem dieser mehrmals gefragt hat, wo der Autositz sei, auf dem angeblich ein Haar des Opfers gefunden worden sei. "Er ist jeden Morgen vor Beginn der Verhandlung zu uns ins Beratungszimmer gekommen und hat uns den Tagesablauf mitgeteilt, das heißt, welche Zeugen an diesem Tag dran waren. Dabei hat er uns genau gesagt, was die jeweiligen Zeugen aussagen würden, worauf wir dabei besonders aufpassen müssten, welche Zeugen besonders wichtig seien und welche wir von vorn herein ‚vergessen' könnten. Er hat also im Vorhinein den Inhalt der Zeugenaussagen bewertet. Dabei hat er manchmal so eine abfällige Handbewegung gemacht. Über einige Zeugen hat er sogar gesagt: ‚Die lügen ja!'",erzählte der Grazer Geschworene.2