Abstract: Als unabhängiges Beratungsorgan des Europarates erstellt die Venedig-Kommission Gutachten im Bereich des Verfassungsrechts für ihre 58 Mitgliedstaaten und die Organe des Europarates. Wenngleich ihre Gutachten nur Empfehlungscharakter haben, bekommen diese jedoch besonderes Gewicht, wenn sie von den Organen des Europarates im Rahmen des ‚Monitoring‘ oder von der Europäischen Union aufgegriffen werden (zB Verfassungs- und Justizreform in Ungarn). Um ihre Beratungstätigkeit durchführen zu können, betreibt die Kommission Verfassungsvergleichung und ermittelt Elemente des gemeinsamen europäischen Verfassungserbes, das auf Vertragsrecht, aber auch auf soft-law aufbaut. In ihren vergleichenden Studien versucht die Kommission gemeinsame europäische Standards festzustellen und formuliert diese in Form von allgemeinen Empfehlungen, die dem nationalen Verfassungs- und Gesetzgeber bei der Rechtssetzung zur Verfügung stehen und der Kommission selbst als Maßstab bei ihren Gutachten dienen. Die Venedig-Kommission besteht darauf, dass die bloße Übernahme von Rechtstexten von einem Land in ein anderes problematisch sein kann, wenn nicht auch die rechtlichen und historischen Rahmenbedingungen, sowie (mangelnde) Rechtstraditionen und Rechtskultur in Betracht gezogen werden.