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Das Verhältnis zwischen Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft in unserer Zeit*)*)Text des Festvortrages, der am 21.10.1992 bei der Veranstaltung zum 125jährigen Jubiläum der Wiener Juristischen Gesellschaft gehalten wurde. Der Autor und der derzeitige Präsident der Wiener Juristischen Gesellschaft widmen diese Veröffentlichung sehr herzlich dem verdienten, langjährigen Altpräsidenten und nunmehrigen Ehrenpräsidenten der Wiener Juristischen Gesellschaft, Herrn Rechtsanwalt Dr. Franz Schneider.

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Theo Mayer-MalyJBl 1993, 273 Heft 5 v. 1.5.1993

Savigny hat bekanntlich seiner wie wahrscheinlich jeder Zeit die Berufung zur Gesetzgebung abgesprochen. Die seitherige Entwicklung schien ihn mehrmals bestätigt, dann aber auch widerlegt zu haben. Bestätigt hat ihn die kodifikationsfreie Wissenschaft der „Pandektisten“ sowie die Weiterentwicklung des BGB-Rechts durch den BGH. Widerlegt haben ihn das BGB und das ZGB, in jüngster Zeit vor allem das niederländische Wetboek. Obwohl namhafte Autoren meinten, die Kodifikation sei der modernen Industriegesellschaft nicht adäquat, tritt der Verfasser gegen richterliche Ersatzgesetzgebung und für das Gesetz als Ordnungsinstrument, damit auch für den Kodifikationsgedanken ein. Allerdings warnt er vor jeder Hast im Gesetzgebungsverfahren und lobt die Expertenarbeit in Sozialpartnerverhandlungen und in Kommissionen wie jenen, die zum ArbVG und zum StGB geführt haben. Der Verfasser ruft in Erinnerung, daß es bei künftiger Gesetzgebung und Rechtsprechung besonders darum gehe, die ganz Europa gemeinsamen Rechtsgedanken zur Geltung zu bringen. Diese findet man nirgendwo deutlicher und reichhaltiger ausgeprägt als im ius commune (droit commun, common law, gemeines Recht). Daher verurteilt er den Vorschlag einer österr Dekanskonferenz, die wahren Grundlagendisziplinen aus der Rechtsgeschichte bei einer Studienreform zugunsten von Fächern zurückzudrängen, die jenseits von Inn und Salzach niemanden mehr interessieren.

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