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Kognitionsbefugnis in Rückersatzfragen verfassungswidrig - zugleich ein Vorschlag zur Neugestaltung

EntscheidungsbesprechungAufsatzMartin K. GreifenederJAS 2021, 195 - 208 Heft 2 v. 25.6.2021

§ 354 Z 2 ASVG zählt die "Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung" zu den Leistungssachen, ohne den Verzicht auf die Rückforderung hievon auszunehmen. Angesichts der inneren Verbundenheit dieser Angelegenheiten kann dem Gesetzgeber daher nicht unterstellt werden, dass der Verzicht auf die Rückforderung zu Unrecht empfangener Leistungen nicht unter § 354 Z 2 ASVG fällt, sondern den "Verwaltungssachen" (§ 355 ASVG) zuzurechnen ist. Im Hinblick auf diese Grundsatzentscheidung des ASVG, die für sich genommen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, setzt die Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung der sukzessiven Kompetenz der ordentlichen Gerichte in Rückforderungsangelegenheiten voraus, dass den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Entscheidung über Rückforderungsansprüche auch die Kognition über den gänzlichen oder teilweisen Verzicht nach § 76 Abs 3 Z 1 GSVG offensteht.Den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips genügt § 89 Abs 4 ASGG nicht, denn er belastet den vor den Arbeits- und Sozialgerichten Rechtschutzsuchenden in rechtsstaatswidriger Weise einseitig mit dem Rechtschutzrisiko, weil dem Arbeits- und Sozialgericht nur noch eine vollumfängliche Auferlegung der Rückersatzpflicht oder die vollumfängliche Verneinung dieser eingeräumt ist, ohne die Rückersatzpflicht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 3 Z 1 GSVG in einer dem Vorgehen des Sozialversicherungsträgers entsprechenden Weise mindern zu können.

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