Im Vorfeld der Bundespräsidentschaftswahl 2022 wurden - wie üblich - die Befugnisse des Bundespräsidenten thematisiert, wobei sich diese Diskussion - auch das durchaus üblich - nicht immer konsequent an den tatsächlichen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten des Präsidenten orientierte. Eine Kompetenz, die so wie die Volkswahl 1929 eingeführt worden war, wurde dabei allerdings nicht diskutiert, nämlich die Befugnis, Notverordnungen zu erlassen. Dabei spielen diverse Notverordnungsrechte und Ermächtigungsgesetze in der Verfassungsgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine große Rolle. Das bringt eine gewisse Verwechslungsgefahr mit sich, die durch diesen Beitrag verringert werden soll. (FN ) Notverordnungen sind Verordnungen, durch die Staatsoberhaupt oder Regierung in Ausnahmesituationen etwas regeln können, das im Normalfall durch Gesetz geregelt werden muss. Ermächtigungsgesetze sind hingegen Gesetze, mit denen die Gesetzgebungskompetenz generell an die Regierung übertragen wird. Notverordnungen sind somit eine punktuelle Durchbrechung der Gewaltenteilung, Ermächtigungsgesetze eine generelle.

