In der jüngst ergangenen E 6 Ob 122/21s (ecolex 2022/317, 460 mit Anm ) hat der OGH zwar ausgesprochen, dass die mangelnde Verlesung einer Privaturkunde zur Formungültigkeit des Notariatsakts qua § 68 Abs 1 lit f NO und auch § 66 iVm § 54 NO führen soll, die inhaltliche Begründung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Eine sämtliche Auslegungsmethoden einschließende Gesetzesauslegung spricht vielmehr deutlich gegen einen solchen Solennitätsverlust. Andernfalls bietet ein Notariatsakt weniger Bestandskraft als ein bloß einfacher Schriftform unterliegender Vertrag. Der notariellen Bekräftigung einer Privaturkunde wäre damit im Rechtsverkehr deren grundlegende Schutzfunktion entzogen. Zudem hat der OGH die vakante Rechtsfrage ausschließlich abstrakt betrachtet und eine Auseinandersetzung damit vermieden, ob redliche Parteien einen Solennitätsverlust wegen vermeintlich mangelnder Verlesung überhaupt rechtswirksam einzuwenden vermögen.